Neuerdings dauert es ewig, bis ich mich in der Lage fühle, den Tag zu beginnen. Ich kann gar nicht so viel schlafen, wie ich müde bin. Ein wenig packt mich der Neid, wenn ich lese, was die Freunde so treiben. Da werden Ballettabende besucht, man trifft sich zum Adventskaffee, Gäste werden mit mehrgängigen Menüs bewirtet, alle sind aktiv und kulturell auf dem laufenden. Na ja, wird schon wieder, sage ich mir, und die Energie hättest du im Moment doch sowieso nicht.

Wenn ich mich doch einmal nach der Arbeit auf ein Glas mit Freunden treffe, wenn ich köstliche spanische Tapas verspeise, kleine Portionen, und auch beim Rotwein halte ich mich zurück, dann liege ich ein paar Stunden später mit der Wärmflasche auf dem Bauch im Bett und trinke Fencheltee. Wie soll ich da eigentlich morgen den Gänsebraten?

Angeblich werden für Brandenburg heftige Schneeschauer erwartet. Meine Mutter macht sich Sorgen. Wie kommst du denn am Sonnabend zurück in die Stadt? Warum musst du auch arbeiten? Kann das nicht ein anderer? Dann möchte überraschend eine junge Kollegin den Dienst tauschen, ich muss die Einladung bei den Schwestern verschieben, aber am Ende hat sich die Situation ein wenig entspannt, es ist mehr Zeit da.

Auch ich bin entspannter, und siehe da, der Körper dankt es mir. So leicht fühle ich mich plötzlich. Noch ein paar Geschenke einpacken, die Mitbewohnerin umarmen, die mal wieder zum Wäsche wechseln zu Hause ist, Kerzen anzünden, das Adagio von Albinoni auflegen, wenn das nicht Weihnachten ist. Und obwohl ich sie direkt vor meinen Augen habe, die Weihnachtspost wird erst morgen geöffnet.

Einen Kommentar schreiben

Ihre Daten werden niemals an Andere weiter gegeben.
Die Email-Adresse wird nicht angezeigt. Notwendige Felder sind so markiert: *

*
*