steht eine Familie auf der Straße. Ob ich den Hund vielleicht an die Leine nehmen könnte. Ein junger Eichelhäher ist aus dem Nest gefallen, jetzt sitzt er unten am Baum und gibt jämmerliche Töne von sich. Die Eltern waren schon da, haben ihn gefüttert. Aber wenn er nicht fliegt, dann steht es schlecht um ihn. Offensichtlich beobachten die vier das Geschehen schon eine Weile. Natürlich nehme ich das Fräulein an die Leine, die sich allerdings mehr für die beiden Jungen interessiert. Mich rührt der kleine Vogel. Wahrscheinlich, weil ich mich gestern Abend für einen Moment auch gefühlt habe, als wäre ich aus dem Nest gefallen.

Dabei gab es nichts zu meckern. Die Kartoffeln und der Spargel waren mir gelungen, auch die Semmelbrösel-Butter-Eiermischung. In den Rhabarber-Baiser-Kuchen, den der Hausmann mitgebracht hatte, hätte ich mich hineinsetzen können, da hat er sich mal wieder selber übertroffen. Der leichte Wind, der kühle Wein, später vom Balkon der weite Blick in die Nachbargärten, die Abendrunde mit dem Fräulein, alles passte. Und dann war da plötzlich dieser Schmerz. Gepaart mit Empörung. Sie haben mich aus meinem Nest geworfen. Nach fünf Monaten spüre ich so etwas. Manchmal bin ich wirklich eine Spätzünderin.

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