Heute kann ich schon wieder schreiben, ohne dabei auf zwei Tasten gleichzeitig zu drücken. Ob das Pflaster geschrumpft  ist? Alle zwei Wochen schneide ich mir in die Kuppe des Zeigefingers. Nicht in die Tomate. Das kleine Messer ist so verdammt scharf. Und mein Fleisch so verdammt nachgiebig. Aber nun geht es wieder. Also. Heute Nachmittag war ich in Pankow. Da meine Großcousine nach Berlin kommt und bei der Gelegenheit die Stelle sehen möchte, an der mein Vater beerdigt wurde, habe ich einen Probelauf gemacht. 

Angetrieben von der Sorge, morgen auf die Suche nach der richtigen Straße, später auf dem Friedhof nach dem kleinen Stück Wiese gehen zu müssen, unter der die Urne liegt. Jedes Mal renne ich da planlos herum, überall dieselben Bäume, Sträucher, und diese kleinen Wiesen, die sehen doch auch alle gleich aus. An der Wollankstraße bin ich zielstrebig in die falsche Richtung gelaufen, dafür habe ich dann die Wiese auf Anhieb gefunden. Zurück durch den Bürgerpark, wie leer so ein Park doch sein kann, wenn es in Strömen gießt, und wie sehr nasse Stiefel doch quietschen können. Egal, das Laufen tat gut, raus aus dem Kopf und rein in den Körper. Den ich ja manchmal vergesse, wenn ich völlig verdreht vor dem Laptop sitze zum Beispiel.

Transkription beim Verlag. Probetext fertig. Bewerbungen geschrieben.  Und in den frühen Morgenstunden Sorgen gemacht, kann ich noch hinzu fügen. Weil ich ja immer denke, ich müsste noch dies und das tun, mich mehr anstrengen, und natürlich ist es nie genug. Und natürlich muss ich mich auch allein um alles kümmern, da hilft kein Universum, der liebe Gott sowieso nicht. Morgens jedenfalls nicht.

Tagsüber halten sich die Dämonen zurück, wahrscheinlich schlafen sie, und wenn ich auch mal schlafen möchte, morgens um fünf nämlich, dann sitzen sie bei mir auf der Bettkante und erzählen dummes Zeug.  Da fallen dann Worte wie Altersarmut. Wahrscheinlich haben sie den Brief mit der Überschrift „Ihre Renteninformation“ gelesen.

Aber morgen können die mir erzählen, was sie wollen. Ich werde die Augen aufschlagen und sofort anfangen, mir über meinen Beitrag fürs Bufett am Samstag Gedanken zu machen. Mettbällchen aus dem Ofen oder Humus und gegrilltes Gemüse oder beides oder eine dritte Variante. Und die Betten für die Musiker, die im Gästezimmer schlafen werden, sind auch noch nicht bezogen. Dafür sieht der Garten bezaubernd aus, das haben meine Mitbewohner zu verantworten, die am Samstag schwer gearbeitet haben, während ich in Caputh am See lag. Ohne Dämonen natürlich.

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