Wenn es einem mal nicht so gut geht, wenn düstere Wolken die Sicht auf die Schönheit des Lebens beeinträchtigen, dann sollte man jemanden besuchen, der schwer krank ist. Der gerade mal wieder eine Verlängerung hier auf Erden bekommen hat. Der vielleicht zu den glücklichen 14 % gehört, bei denen nach einer zweiten großen OP (Metastasen an diversen Stellen) anschließend keine Chemo gemacht werden muss. Jemand wie meine Neuköllner Freundin. Von ihr kann man etwas über Lebensmut, über Contenance und Akzeptanz lernen. Sie ist heiter und freundlich, auch wenn die riesige Wunde immer noch schmerzt und sie eine Art Korsett tragen muss. „Damit mir der Bauch nicht abfällt.“

Wir haben viel gelacht und tief gehende Gespräche geführt. Über das Leben und über den Tod. Natürlich stellt sie sich immer mal die Frage, ob sie jetzt abtreten könnte, wenn es denn so weit sein sollte. Könnte sie. Weil sie ein schönes Leben hatte, sagt sie. Und ist sich eigentlich sicher, dass sie noch eine Weile bleiben wird. Keine Spur von Jammern.

Wir waren uns übrigens darin einig, dass wir es nicht so haben mit denen, die jammern. Allerdings muss ich mich selber auch immer mal zurückpfeifen, gerade wenn ich einen Schub von Depression habe. Da brauche ich alle Achtsamkeit, die ich kriegen kann, um achtsam zu sein. Aber dafür sitze ich ja. Und wenn es ganz schlimm kommt, kann ich immer noch die Freundin besuchen.

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