Montag früh im Bus. Mich beschäftigt wie immer die Frage, wo die zwei freien Tage geblieben sind. Während ich noch versuche, mich zu erinnern, schau ich mich um. Der Kudamm ist geschmückt. Neben der Gedächtniskirche steht ein großer Weihnachtsbaum. War der am Freitag auch schon da? Meine Augen müssen in der Nacht größer geworden sein, sie passen nicht mehr in ihre Höhlen.

Vielleicht sollte ich an den Wochenenden etwas kürzer treten. Andererseits müssen soziale Kontakte gepflegt werden. Die längst fällige Einladung zum Essen für Freunde, die kleine Gruppe, die sich alle paar Wochen bei Kaffee und Kuchen trifft, um von den zuletzt gelesenen Büchern zu berichten. Auf nichts möchte ich verzichten. Sogar die Diskussion bei Anne Will gestern war wichtig, da sie mich neu sensibilisiert hat. Am liebsten würde ich heute zur Solidarität mit den Lokführern aufrufen. Mit den Lokführern, den Friseurinnen, den Altenpflegern, Buchhändlern, Übersetzern, Künstlern, mit all den Menschen, die sich an Zeitarbeitsfirmen verkaufen müssen und mit vielen, vielen anderen mehr. Herzlichen Glückwunsch Frau Will! Die Frage, ob es richtig ist, dass Frau Suckale monatlich 140 000 EUR verdient, hat ein wenig die Dimensionen zurecht gerückt.

Übrigens würde ich die Arbeit von Frau Suckale für…..sagen wir mal 40 000 EUR monatlich übernehmen. Da tut sich doch ein schönes Sparpotential auf. Und ich würde immer noch zwanzig mal mehr als ein Bundestagsabgeordneter verdienen. Es bringt nämlich gar nichts, wenn ich dem Mann immer wieder sage, er solle doch bitteschön in die Politik gehen, wo er endlos kluge Reden schwingen und auf seinem Recht beharren könnte. Zur Bahn muss er. Oder in die freie Wirtschaft. Selbst in kleineren Unternehmen werden Manager mit 1,5 Millionen EUR abgefunden, wenn man keinen passenden Geschäftsführerposten für sie findet.

Man wirft den Deutschen oft vor, sie würden anderen ihren Erfolg nicht gönnen, wären missgünstig und neidisch, anstatt sich zu freuen, wenn jemand viel Geld macht. Verdient möchte ich nicht sagen, weil selten jemand das bekommt, was er verdient. Es tut mir Leid. Ich kann mich nicht freuen, wenn Leute wie Bohlen oder Bushido viel Geld einstreichen, während sich eine Altenpflegerin mit dem Existenzminimum zufrieden geben soll. Ich freue mich nicht, wenn diese Gesellschaft Dummheit und Arroganz honoriert, während sie wichtige soziale und kulturelle Dienste für umsonst haben möchte. Bibliotheken schließt, weil 150 000 EUR fehlen  (bei dem Sinfonieorchester vor drei Jahren waren es noch 1 Mio. EUR pro Jahr, die unser Senat nicht aufbringen konnte oder wollte). Obwohl ich das alles weiß, habe ich mich geärgert, weil ich nicht mit der S-Bahn zum Potsdamer Platz fahren konnte. Damit ist Schluss. Jedenfalls bis zum nächsten Streik.

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