Vielleicht war das Fernsehen früher einmal progressiv. Heute ist es vor allem langweilig. Deswegen habe ich vor drei Jahren das Fernsehgerät abgeschafft. Und nutze heute die Mediatheken und schaue mir interessante Dokumentationen (und ich gestehe, auch den Tatort, manchmal sogar Navi CIS) auf dem Laptop an.

„Es werde Stadt“ ist eine Dokumentation, die Dominik Graf und Martin Farkas anläßlich des 50sten Jahrestages des Grimme-Preises über die Stadt Marl und über die Entwicklung des Deutschen Fernsehens gemacht haben. Natürlich traut man einen solchen Film keinem Normalbürger zu. Der könnte sich womöglich intellektuell überfordert fühlen. Deswegen haben sie ihn auch erst zu später Stunde, und dann auch nur in zwei dritten Programmen gezeigt. Hoch leben die Mediatheken und lange!

„Für mich ist das, was ich für ein besonderes…Medium der Aufklärung angesehen habe, heute ein Medium der Bequemlichkeit für den Konsumenten, (ein Medium) der Selbsttäuschung…“ sagte Günter Gaus schon 1989. Wenn man sich das normale Fernsehprogramm ansieht, kann man feststellen, dass sich diese Entwicklung seitdem entschieden fortgesetzt hat. Um so größer die Freude über die Ausnahmen. Zu denen für mich nicht nur der Film von Dominik Graf zählt, sondern ohne Frage auch das „24-Stunden-Jerusalem“ Projekt.

24-Stunden-Berlin hatte mich in seinen Bann gezogen, und natürlich wollte ich auch so viel wie möglich von dem neuen Projekt ansehen. Dank ARTE-LiveStream kein Problem. Zwar saß ich keine 24 Stunden am Laptop, dazu ist der Bildschirm dann doch zu klein, außerdem soll ich mich bewegen, aber ein Drittel habe ich geschafft. Den Rest werde ich mir in kleinen Häppchen anschauen, die Doku ist noch 2 Monate in der Mediathek.
Ich weiß nicht, warum mich andere Leben so faszinieren. Warum ich Dokus wie diese immerzu ansehen könnte. Es kann nicht allein daran liegen, dass Jerusalem nun tatsächlich ein besonderer Ort ist, an dem die größten Widersprüche nebeneinander existieren, auch die unterschiedlichsten Menschen, die oft sehr gegensätzliche Vorstellungen darüber haben, wie der Staat Israel aussehen sollte. Wenn ich nur an die Ultraorthodoxen denke, die tatsächlich einen dritten Tempel bauen wollen. Natürlich dort, wo heute die Al-Aksa-Moschee steht.
Vielleicht ist es so, wie es der italienische Franziskaner sagte. Hier in dieser Stadt, die Juden, Christen, Moslems für sich beanspruchen, hier ist Frieden nicht möglich. Alle wollen bleiben, alle fühlen sich im Recht. Aber Gott sei Dank gibt es viele Menschen, die sich für eine friedliche und vor allem eine gerechte Lösung einsetzen, und die kommen in diesem Film eben auch zu Wort.
Ein Schock noch einmal, die Mauer zu sehen, die ich aus anderen Dokumentationen kenne. Als ich in Jerusalem war, gab es sie noch nicht. Und für jemanden, der hinter einer Mauer aufgewachsen ist, ist das sowieso ein Unding. Gott sei Dank sehen das auch viele Israelis so. Das lässt hoffen. So wie ich hoffe, dass sich noch viele Menschen diesen Film ansehen. Muss ja nicht 24 Stunden hintereinander sein.

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