Führe ein nahezu mönchisches Leben. Klausur mit Laptop. Kein Kino, nur ab und zu mal ein Ausflug an den See oder um den See herum, mal kommt die Freundin zum Mittagessen. Fühle mich immer noch krank. Etwas liegt auf den Bronchien herum, das da nicht liegen sollte. Meine kleinen täglichen Freuden sind die Dokumentarfilme des Bayrischen Fernsehens, die ich in der Mediathek finde. „Lebenslinien“. 45 Minuten über ungewöhnliche Menschen. Über den Regisseur  Celino Bleiweiß z. B., der den Namen eines ermordeten jüdischen Mädchens trägt.

Ein Jude, dessen Familie man umgebracht hat und der selbst mit falschen Papieren und falschen Eltern überlebte. Als er schon über 70 ist, inspiriert ihn seine israelische Freundin dazu, auf Spurensuche zu gehen. Am Ende sagt er, ihm wäre es lieber, er würde das alles gar nicht wissen. Es ging ihm besser, als er noch „ahnungslos“ war.

Eine andere Geschichte erzählt von Ilana Shafir, auch sie Jüdin, die in einem kleinen Dorf überlebte. Auch ihre Familie wurde von den Nazis umgebracht. Sie hat immer als Künstlerin gearbeitet, hat gezeichnet, gemalt, und am Ende Mosaiken aus Zerbrochenem hergestellt. Ihr „Paradies aus Scherben“ eben. Mit 90, zum Ende der Dreharbeiten, ist sie gestorben.

Aber auch der Glasbläser Siegfried Franz hat mich beeindruckt. Die Frau, die ihr Baby begraben musste, später den Bruder, der Selbstmord begangen hatte. Die heute Bestatterin ist. Und dann natürlich das Paar, das eine Beziehung zu dritt führt. Sie kümmert sich um ihren Mann im Rollstuhl, ist auch immer noch mit ihm verheiratet, hat aber längst mit einem anderen zwei Kinder. Alle leben zusammen unter einem Dach.

Es sind Geschichten wie diese, die mich inspirieren. Geschichten von Menschen, die ihr Leben in die eigene Hand nehmen. Die loyal einer Liebe gegenüber bleiben. Oder die ihre Wurzeln suchen, wie der Mann, der sich immer nach Anerkennung sehnte, im Kung Fu wenigstens eine Heimat fand, und dann, nach 51 Jahren auch seine leibliche Mutter in Amerika. Echte Menschen eben. Mit Ecken, Kanten, manchmal auch einem Sprung in der Schüssel. Keine Klone, wie sie von bestimmten Medien so gern serviert werden. Weil wir – die Zuschauer – diese Typen angeblich sehen wollen.

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