Um 10 Uhr der Termin beim Jobcenter. Man möchte mit mir über meine Zukunft reden. Alle paar Monate möchte das Amt das. Nach dem Gespräch werde ich eine Eingliederungsvereinbarung unterschreiben. Mit dieser  Unterschrift verpflichtet sich der alimentierte Mensch (im Gegensatz zu den Beamten und den ehemals gewichtigen Politikern, von irgendwelchen Aufsichtsräten ganz zu schweigen) zur Mithilfe. Unabhängig davon, ob für ihn Leistungen in voller Höhe oder wie in meinem Fall nur Teilbeträge erbracht werden. Bei Zuwiderhandlung drohen Sanktionen.

Wir reden hier natürlich nicht über Tausende. Schon gar nicht über Millionen. Wir reden über 200 bis 500 Euro pro Monat. Die an anderer Stelle aber fehlen. Für neue Toiletten in den Schulen zum Beispiel. Für das Bildungssystem überhaupt. Auch für die Pflege alter Menschen wird dringend Geld benötigt. Ach, es ist überall knapp.

In den letzten zwei Jahren habe ich schon einiges unterschrieben. Ich hatte mich z. B. dazu verpflichtet, pro Monat mindestens sieben Bewerbungen zu schreiben. Keine Ahnung, wie sie ausgerechnet auf sieben gekommen sind. Pro Woche zwei, dann wären wir schon bei acht, aber nein, es sollen wenigstens sieben sein. Ein anderes Mal unterschrieb ich, das Amt über den Fortgang meiner Krankheit zu informieren. Ein halbes Jahr später wollte ich mir Mühe geben, wieder richtig gesund zu werden. Für den Arbeitsmarkt. Solche Sachen eben.

Bei meinem letzten Termin hatte ich angekündigt, in diesem Sommer Frührente zu beantragen. Das könnte ich tatsächlich tun. Man würde mir eine Rente gewähren, mit Abschlägen zwar, aber nun habe ich mir die Sache anders überlegt. Und das hat nicht nur mit meinem Rentenbescheid zu tun. Ob die jungen Schnösel von der CDU/CSU mich meinen, wenn sie darüber lamentieren, dass es keine Gerechtigkeit zwischen den Generationen gäbe? Dass die Alten viel zu viel Rente bekommen?

Mein Sachbearbeiter – ein angenehmer Mensch, ich mag ihn – wie immer im T-Shirt. Vielleicht sollten sie hier mal darüber nachdenken, die Heizung zu drosseln. Da könnte man sicher auch einiges sparen. Ich erzähle gleich von meinem Vorhaben, von der Fortbildung, die ich gefunden habe und die ich mir zutraue, und dass ich in ein paar Tagen ein Gespräch bei dem freien Träger habe. Davon handelt dann auch die neue Eingliederungsvereinbarung. Dass ich mich gesundheitlich stabil genug für eine Arbeit fühle. (Oder eben für eine Weiterbildungsmaßnahme. Amen.)

Wie es aussieht, bin ich die erste, die sich für diese Fortbildung interessiert. Das ist gut. Hier weiß man noch nicht einmal, dass es diese Fortbildung tatsächlich gibt. Im Dezember gab es wohl eine vage Mail. Und nun komme ich. Ich verspreche, zum nächsten Termin nicht nur ein paar Flyer, sondern auch die Nummer des Kurses und die Information darüber, ob das Ganze auch zertifiziert ist und von wem, mitzubringen.

Trotzdem soll ich doch bitte am Wochenende noch nicht den Champagner (ha!) öffnen, versprechen könne er mir nämlich nichts. Allerdings sähe es gar nicht schlecht aus. Weil ich ja schließlich nach den sechs Monaten dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt zur Verfügung stünde. Was verdient so ein Flüchtlingshelfer eigentlich? Ob ich das nicht auch herausbekommen könnte? Kann ich. Das würde mich nämlich auch interessieren.

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