Meine neue Heilerin, eine junge Frau mit empathischen Händen, kommt aus Bulgarien. Die Verständigung erfolgt auf englisch. Viel muss ich gar nicht sagen, wenn mein uuuuuuuaaaaaaaaauuuuuuuu ertönt, weiß sie, dass sie wieder einen der besonders empfindlichen Punkte getroffen hat. Dann noch schnell die Schröpfgläser aufgesetzt,  you will feel better soon. I know. But.

Die junge Frau hat in Bulgarien chinesische und ayurvedische Medizin studiert.  In Bulgarien kann man das. Keine Frage, dass ihr Studium in Deutschland nicht anerkannt wird. Trotzdem finden immer ein paar Menschen den Weg zu ihr. Vielleicht liegt es an der Heilkraft ihrer Hände, vielleicht an dem Preis für eine solche Behandlung. Der im Vergleich zu anderen Heilern geradezu läppisch ist. Sie weigert sich jedoch, mehr Geld zu nehmen. Erst wenn ihre Behandlung tatsächlich zum Erfolg führt, dann darf ich vielleicht einen kleinen Bonus geben.

Die junge Frau lebt spartanisch. Sie spart alles Geld, um in Bulgarien ein buddhistisches Heilungszentrum zu eröffnen. Ich fürchte, dass sie noch lange in Berlin bleiben muss. Schlecht für sie, gut für ihre Klienten.

Am nächsten Tag wundert sich meine kurdische Friseurin über die Male auf meiner Schulter. Was ist denn mit dir passiert? Hat dich jemand gefoltert? Ich wurde nicht gefoltert, und sie geht nicht mehr ins Fitnessstudio, obwohl ihr der Sport doch so gut tut. Sie hat keine Zeit. Es findet sich niemand, der ein paar Stunden in der Woche im Laden hilft. Die letzte Aushilfe ist nach 2 Tagen einfach nicht mehr gekommen. Haare schneiden konnte sie auch nicht.

Mit frischem Haarschnitt laufe ich zum vietnamesischen Imbiss an der Ecke, die Frühlingsrollen dort sind fantastisch. Und der Preis ist es auch. Auf dem Weg liegt das kleine Geschäft, in dem ich je nach Bedarf meine Hosen enger oder weiter machen lasse.  Ich winke der indischen Näherin zu und freu mich über meine Stadt, die ohne all diese Menschen tatsächlich sehr viel ärmer wäre.

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