Gestern haben wir uns eine kleine Wohnung in Kränzlin angesehen. Ein Dorf bei Neuruppin, nicht sehr einladend auf den ersten, auf den zweiten Blick leider auch nicht. Wir träumen immer mal wieder den Traum von einem Sommerhaus. Einer Sommerwohnung. Einem Ort, an den wir uns zurück ziehen können, wenn die Hitze der Stadt an den Nerven sägt. Die Wohnung befindet sich in den zwei Türmen eines ehemaligen Herrenhauses, jeder Turm ein Zimmer, das ist das einzig nette. Sonst ist es eher trist. Daran ändert auch der neue weiße Anstrich des Hauses nichts.

Ein ausgebranntes Gebäude direkt gegenüber, daneben ein Kindergarten. Ruinen von ehemaligen Stallgebäuden in der Nachbarschaft, umgeworfene Zäune. Wie tot so ein Stück Land doch wirken kann. Trotzdem möchte ich da nicht begraben sein. Also gut, das war nichts. Damit der kleine Ausflug nicht umsonst ist, haben wir unsere Sauna- und Badesachen dabei. Eine Freundin hat mir den Gesundbrunnen in Neuruppin empfohlen.

Ein moderner Wellness-Tempel mit Sole-Bad und verschiedenen Saunen, eine davon sogar mitten auf dem See. Ich war noch nie in Vals in der Schweiz, kenne die Therme, die Zumthor gebaut hat, nur von Bildern. Aber an die erinnere ich mich sofort. Riesige Fensterfronten auch in Neuruppin, viel Holz und Metall, keine aufdringlichen Farben, der Geist kann zur Ruhe kommen, sich auf sich selbst oder den See konzentrieren, den man von fast allen Plätzen sehen kann.

Man sieht ihn, wenn man entspannt im 36 Grad warmen Schwebebecken liegt, wenn man in der Seesauna in der Schaukel sitzt, in den Innen- und Außenschwimmbecken sowieso, und natürlich auch in den Ruheräumen und der Lese-Lounge, wo man sich mit einem Wellness-Drink an der Seite auf einen Text konzentrieren könnte. Wenn man denn kann. Ich beobachte lieber die Wellen, die hartnäckig gegen das Fundament der Seesauna schwappen. Die dunklen Wolken, die sich mit großer Geschwindigkeit über den See bewegen. So viel Himmel habe ich lange nicht gesehen. Dazu die wunderbare Ruhe, der Nebenmann, der in seiner Zeitung blättert, macht den größten Krach. Ob ich ein schwarzes Anti-Aging-Bier bestellen soll? Wer weiß, wozu es gut wäre.

Der Mann beschwert sich über die mickrigen Aufgüsse, erzählt etwas von nicht mal 100 Grad, die in der Sauna auf dem See gemessen werden, da ist er anderes gewöhnt, aber sonst hat auch er nichts zu meckern. Mir sind die Temperaturen in der Sauna Schnuppe. Ich treibe im Schwebebecken vor mich hin, genieße den Wind, der zu mir herein bläst, schau durch die offene Kuppel in den Himmel und spüre den Regen auf meinem Gesicht. Nichts tut weh, da ist gar kein Körper, ich bleibe hier. Wer braucht schon ein Sommerhaus, wenn er sich eine Dauerkarte für den Gesundbrunnen leisten kann.

1 Kommentar

  1. MH
    geschrieben am 30. Januar 2008 um 15:52 Uhr| Permalink

    na klar, Frieda, ich lese immer noch deine gewebte Seite, Tagebücher finde ich spannend.
    „Damen und Herren ab 65“ war übrigens das Remake einer alten Fassung von Kontakthof (damals mit den TänzerInnen der noch jungen Bausch-Truppe, zwei von denen haben das dann genau so mit den wunderbaren alten Laientänzern einstudiert, es gibt einen tollen Film über die Proben). Ich habe beides gesehen, das heißt, ich gehöre auch schon zu denen drüber. Ich fand den Abend mit den jungen Tänzern damals umwerfend, das war der neue Tanz (übrigens die Bausch damals noch nicht so himmelgerühmt wie heute, den Kulturbürgern war das zu wenig Tanz). Das Alterswerk hat mich dann noch mehr umgeworfen, weil ich mitgelitten habe, wie die Alten ihr letztes geben, physisch, um Eindruck beim Balzen zu machen (was bei den Jungen damals nicht so wichtig war, das war leichter hingetanzt, da konnte man leichter sagen, na nu häng doch nicht so rum, oder mach ma hinne, oder na dann eben nochmal) und darin enthalten das wahrscheinliche Scheitern an physischen und ästhetischen Grenzen (wenn die Jungen sich auszogen war das ja zum Schlecken, aber bei den Alten wurden die Grenzen so herzerweichend und fast tragisch aufgezeigt). Das war interessant zu sehen, wie ein Stück „reifen“ kann. Und die Idee von Pina Bausch war genial, und niemand konnte ihr da abraten, sie wußte genau, was das wird.
    Als nächstes werde ich dann mal mit meiner Dame über dem Neuruppiner See schaukeln. Möglichst wenn er zugefroren ist.
    Aber Sauna, na, ick weeß nich.
    Die bei 100 Grad in der Sauna à la Siebeck sich langsam gar kochen lassen, schmecken die noch, oder taugen sie nur noch als Konserve?

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