Heute Morgen habe ich aus dem Radio erfahren, dass die BVG streikt, dass Busse und U-Bahnen stehen. Das war ein wenig überraschend, ursprünglich hieß es, gestreikt wird am Sonnabend. Ich hätte die S-Bahn nehmen können, die fährt nämlich, dann noch ein zusätzlicher Fußweg, aber das war nicht nötig. Der Mann ist tatsächlich aus seinem Bett gekrabbelt und hat mich mit dem Auto zur Arbeit gebracht. Ja, ich weiß, wenn ich einen Führerschein hätte, wäre alles viel einfacher.

Im Büro dann die Diskussion, ob es gerecht ist, was die Fahrer der BVG tun, oder ob sie ihre Macht missbrauchen. Erwachsene könnten sich ein Taxi nehmen, aber was sollen all die armen Kinder tun, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule fahren und womöglich hilflos auf einem Bahnhof stehen? Heute ist der letzte Schultag, Zeugnisse werden verteilt, da können die Kinder doch nicht einfach wieder nach Hause gehen. Unzumutbar ist das. Eine andere findet die Lohnforderungen unverschämt, 8 bis 12 Prozent, das sollten wir auch mal fordern.

Stimmt, dagegen hätte ich nichts. Es ist natürlich viel einfacher, gegen 11 500 Mitarbeiter der BVG zu sein, als gegen Manager oder Politiker, deren Gehaltsforderungen man nur mit einem Übermaß an Realitätsverlust erklären kann, der genaue Name der Krankheit fällt mir gerade nicht ein, auf alle Fälle kann man gegen diese Leute nichts ausrichten, die kassieren, ob uns das nun passt oder nicht. Von verdienen kann ja sowieso keine Rede sein. Aber dass da eine ganze Berufsgruppe mehr Geld will, Leute wie du und ich, nee, das ist nicht akzeptabel. Da könnte ja jeder kommen.

Wieso eigentlich nicht? Der Gedanke gefällt mir. Ich rufe hiermit zum Generalstreik auf. Wir legen alle für einen Tag die Arbeit nieder. Besser noch für eine Woche. Gründe gibt es ohne Ende. Wir sind unzufrieden mit dem ominösen Markt, der immer weniger Geld für unsere Produkte oder Dienstleistungen zahlen will, unzufrieden mit unseren Managern, die großzügige Gehälter einstreichen und ihren Arbeitern nicht einmal einen Mindestlohn zahlen wollen oder die ihre Produktion hurtig in so genannte Billiglohn-Länder verlagern, unzufrieden mit den Politikern, die uns einreden wollen, dass so genannte Sachzwänge vorhanden sind, die ihnen die Hände binden, dass soziale Gerechtigkeit eine Utopie ist und dass die Linken alles nur noch schlimmer machen würden (womit sie vielleicht Recht hätten, aber das käme auf einen Versuch an).

Ach, ich könnte hier bestimmt eine Stunde ohne Pause weiter schreiben, was einen als Bürger und Untertan so alles ärgert oder ärgern könnte. Im Augenblick ärgert mich vor allem, dass meine CD diese Aussetzer hat. Alle paar Sekunden ist der Ton weg. Und schon habe ich mich als Mit-Schuldige an die ganzen Misere entlarvt. Wenn ich mir nicht diesen billigen CD-Spieler gekauft hätte, sondern einen guten, qualitativ hochwertigen, der natürlich nicht nur 60 EUR kostet, dann könnte die BVG ihren Fahrern auch einen ordentlichen Lohn zahlen.

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