Mit dem Syrer vor dem Jobcenter verabredet. Er ist vor mir da, wartet schon in der zweiten Etage. Es ist gut, dass ich ihn begleite, er versteht nämlich nicht, was die Sachbearbeiterin von ihm möchte. Was vielleicht an ihrem Akzent liegt –  Deutsch ist nicht ihre Muttersprache – oder an ihrem Tempo. Aber es sind auch nicht nur Formulare abzugeben, es müssen auch neue ausgefüllt werden. Formulare, aus denen hervorgeht, dass wir keine Beziehung haben, kein gemeinsames Kind, usw. usw. Bitte für jede der drei WG-Damen ein extra Formular. 

Manchmal möchte ich. Wäre die Frau nicht so freundlich, und sie kann schließlich auch nichts für die Absurditäten des deutschen Behörden-Dschungels. Zumindest ist es sicher, dass ab jetzt die Berliner für unseren neuen Mitbewohner zuständig sind. Gott sei Dank, seine Unterlagen sind vollständig. Alles wird kopiert, das dauert, aber in zwei Wochen wird der Bewilligungsbescheid da sein, sein Geld dann auch.

Der Syrer hofft zumindest, dass seine Post tatsächlich ankommt. Bei einem Briefkasten wie dem unseren. Der nicht safe ist. Er hat andere Vorstellungen von Sicherheit, das ist mir bereits aufgefallen. Wir schließen unsere Zimmer nicht ab. Es existieren nicht einmal Schlüssel. Das fand er neulich befremdlich. Der Mopedfahrer hat so viele Sachen, vielleicht hat der auch alte Schlüssel. Und was es mit den drei Kabeln im Briefkasten auf sich hätte. Die wären gefährlich. Drei Kabel? Das müssen die Kabel für die Klingeln sein. Die schon seit einer Weile nicht funktionieren. Der Handwerker hat sich auch nicht gemeldet, den ich letzte Woche von der Straße weg verpflichten wollte. Ich mache mir innerlich eine Notiz, da muss noch einmal der Mann kommen, der im letzten Jahr die Klingeln repariert hat. Warum geben die eigentlich alle Jahre wieder ihren Geist auf?

Dann versuchen wir noch, beim Bürgeramt in Zehlendorf einen Termin für die Anmeldung zu bekommen. Dummerweise – oder klugerweise –  gibt es ab heute eine zentrale Stelle für Geflüchtete, nur ist die in Moabit. Da will der Syrer heute nicht mehr hin, er hat morgen eine wichtige Prüfung. Deutsch. B 1. Und ich habe gleich einen Termin mit „meinem“ Jungen. Gestern waren wir im Botanischen Garten, wo ich zweieinhalb Stunden vor allem hinter ihm her gelaufen bin. Das mache ich heute nicht noch einmal. Vielleicht fahren wir S-Bahn, gestern war er ziemlich verärgert am Ende, weil das zu kurz gekommen ist. Ich werde nachher spontan entscheiden.

1 Kommentar

  1. geschrieben am 3. September 2016 um 04:54 Uhr| Permalink

    Sehr schön über Syrier Angste geschrieben

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