Während sich am Marlene-Dietrich-Platz nicht nur hauptamtliche Promi-Geier sondern auch einheimische und zugereiste Cineasten die Füße platt stehen, um einem der angehimmelten Stars für einen kurzen Augenblick nahe zu sein, um ein Foto zu schießen oder einen Ärmel zu streifen, fahren andere ins Umland, um sich kleine stille Filme anzusehen. Das Thalia Arthouse in Babelsberg ist immer wieder einen Umweg wert. Da stimmt eben alles. Das breit gefächerte Programm, das Ambiente, die nette Mannschaft.

Wenn man für 6 EUR einen Gilde-Pass erwirbt, zahlt man ein Jahr lang ermäßigten Eintritt. Und für 110 EUR kann man gemeinsam mit 24 Freunden einen Film seiner Wahl sehen. Nicht zu vergessen das Café Konsum, wo einem freundliche Menschen bei der schwierigen Getränkeauswahl helfen. Sogar neue tschechische Filme werden gezeigt, ich habe mir gestern gleich den 28.02. notiert, um mir Little Girl Blue von 2007 anzusehen. Die Beschreibung klingt spannend. Eine Frau im besten Alter (was ist das beste Alter im Leben einer Frau?) stellt ihr Leben in Frage, nachdem sie vom Tod ihrer Lieblingssängerin Nina Simone erfahren hat. Klingt so, als müsste ich den unbedingt sehen. Vielleicht ein Frauen-Film, vielleicht etwas für die Mädels und mich.

Unter dem Film „Die Band von Nebenan“ hatte ich mir eine Komödie vorgestellt, dabei ist er eher tragisch. Ein kleines Polizei-Orchester aus Ägypten, alle acht Mann schön ordentlich in blauer Uniform, landet in Israel, um bei der Einweihung eines arabischen Kulturzentrums zu spielen. Von Anfang an läuft alles schief. Es kommt niemand, um sie vom Flughafen abzuholen, und nachdem sie in Eigeninitiative einen Bus genommen haben, stellen sie fest, dass sie in der falschen Stadt sind. Eine Stadt mitten in der Wüste, in der ich nicht begraben sein möchte, und in der es nach Bekunden der Besitzerin eines kleinen Bistros nicht nur kein arabisches Kulturzentrum sondern überhaupt keine Kultur gibt. Ein Bus fährt an diesem Tag auch nicht mehr, und nun sitzt die Kapelle fest. Gäbe es die hilfsbereite Bistro-Betreiberin Dina nicht, würden die acht Herren, ginge es nach ihrem Chef Tawfiq, wohl auf der Straße schlafen. So aber bringt Dina die Männer bei Freunden und Bekannten unter, Tawfiq und den jungen Frauenversteher Khaled nimmt sie mit in ihre eigene Wohnung.

Eine anrührende, ruhige Geschichte zum Thema Völkerverständigung, in der es um verpasste Chancen, Sehnsucht, die sich nicht traut und erste Erfahrungen mit der Liebe geht. Das ist die komischste Szene des ganzen Films, wenn der schöne Ägypter Khaled dem etwas einfältigen israelischen Jungen zeigt, wie man sich einer Frau nähert. Jetzt tut es mir leid, dass ich dem Film spontan nur eine drei gegeben habe. Heute wäre es eine zwei. So viel zum Thema verpasste Chancen.

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