Im Magen ein eigenartiges Gefühl. Lampenfieber. Aber jetzt ist es zu spät. Ich werde es nicht mehr lernen. Vielleicht noch ein bisschen Text, aber die richtige Tonlage, den Einsatz an der entsprechenden Stelle, da muss ich mich auf die anderen Altos verlassen. Oder auf die Bässe, die Sopranos, die manchmal zumindest den Text vorgeben. Auf Zubin, der versprochen hat, man könne von seinen Lippen lesen. Ein Teleprompter wäre noch besser. Haben wir aber nicht. Und doch werde ich mit den anderen auf die Bühne gehen. Falls mir in den nächsten Stunden nichts zustößt.

Thank you. Thank you. Thank you. Ich bin immer noch erstaunt, wie es möglich ist, in vier Tagen so etwas zu formen, ein Gruppenerlebnis, dass durch die Musik entsteht. Von den meisten anderen Sängern weiß ich nicht einmal die Namen, und doch fühle ich mich ihnen nah. Ich kenne ihre Stimmen, ihre Bewegungen, sehe und spüre, was sie berührt, inspiriert. Und daran hat uns Zubin gestern Abend zum Schluss noch einmal erinnert. Es geht nicht darum, heute alles perfekt zu machen. Was sowieso unrealistisch wäre. Aber den Spaß, den wir zusammen hatten, die Freude, die wir beim Singen spüren, die Art, wie wir berührt werden, all das können wir heute mit anderen teilen.

Nach der Probe noch ein wenig Wein mit Herrn W., dem meine Freude an der Sache nicht entgangen ist. Mir steht das ja sowieso immer im Gesicht geschrieben. Meine Ängste natürlich auch. Denen ich ins Auge sehen muss. Und dann genau das machen, was mich so ängstigt. Alles wird gut, sagte er. Daran glaube ich jetzt mal.

2 Kommentare

  1. Mr Houseman
    geschrieben am 10. Dezember 2016 um 17:57 Uhr| Permalink

    Da kann ich Herrn W. nur zustimmen, der Auftritt wurde klasse; eine tolle Vorstellung! Bei Herrn Zubin erwartete ich sekündlich, dass er anfängt zu rotieren wie ein Derwisch, so greifbar war seine Energie, mit der er den Chor leitete. Ich glaube nicht, dass seine Barfüßigkeit kaputten Schuhen geschuldet war, ich glaube vielmehr, dass es ohne diese direkte Erdung irgendwann eine Blitzentladung gegeben hätte mit unabsehbaren Folgen für die Saalelektronik.
    Die An- und vor allem die Abreise war zwar etwas beschwerlich, aber wie anders soll man herausfinden, dass nächtliche Märsche entlang einsamer, benieselter, im fahlen gelben Licht der Peitschenlampen ruhender Autobahnzubringer sehr gut geeignet sind, das Erlebte nochmals Revue passieren zu lassen? Es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Bitte weitermachen!

  2. geschrieben am 10. Dezember 2016 um 19:16 Uhr| Permalink

    Gratulation

Einen Kommentar schreiben

Ihre Daten werden niemals an Andere weiter gegeben.
Die Email-Adresse wird nicht angezeigt. Notwendige Felder sind so markiert: *

*
*