Da erneut Regen angekündigt war, bin ich zur Matinee ins Kant gefahren. Das Kino gut gefüllt, wieder habe ich vergeblich darauf vertraut, dass sich kaum jemand in die dritte Reihe verirren wird. Gott sei Dank war ich nach wenigen Minuten so gepackt, da spielte die unfreiwillige Nähe keine Rolle mehr. Ich mochte schon den Film, den Mike Mills über seinen Vater gemacht hat. „Beginners“. Mit Ewan McGregor und Christopher Plummer. Und dem kleinen süßen Köter. Nun also der Film über die Mutter.

Mütter glauben ja oft, sie würden einen schlechten Job machen. Sie glauben es noch mehr, wenn sie ihre Kinder alleine erziehen. Oder wenn es sich bei den Kindern um männliche Kinder handelt. Brauchen die nicht ein männliches Vorbild? Wie soll aus ihnen sonst ein guter Mann werden? Zumindest hat sich  Dorothea Fields (beeindruckend Annette Bening mal wieder) Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts in Kalifornien diese Frage gestellt (bei mir war das ein paar Jahre später Thema), die Mutter des 15jährigen Jamie.

Sie bittet also in Ermangelung des männlichen Parts zwei andere Frauen – ihre Untermieterin und eine nur wenig ältere Freundin von Jamie -, den Jungen unter ihre Fittiche zu nehmen. Obwohl sie ihm beide irgendwann ihr Herz ausschütten – er ist nämlich schon ein guter Typ – macht das jede auf ihre Weise. Die eine übt cooles Gehen mit ihm, erzählt ihm, dass Männer stark sein müssen, die andere gibt ihm feministische Bücher. Und obwohl Jamie bisher von Sex nur geträumt hatte, weiß er nach der Lektüre  immerhin, dass der weibliche Orgasmus nur durch die Stimulation der Klitoris zustande kommt. (Das Buch haben auch viele Frauen meiner Generation gelesen, auf deutsch „Unser Körper, unser Leben“.)

Und überhaupt. Wie sorgenlos damals geraucht und gevögelt wurde. Aids war noch kein Thema, und Raucher hatten noch nicht diesen Nimbus des Gesetzlosen. Menschen trafen sich zum Essen und zum Reden. Keiner glotzte dabei auf sein Smartphone. Womit ich nicht sagen will, dass es deswegen besser war. Aber so viel schien möglich. Eine bessere Gesellschaft. Und jetzt haben sie diesen gefährlichen Irren, und auch in Europa müssen oder sollten wir zumindest  demokratische Errungenschaften verteidigen.

Ein sehenswerter Film auf jeden Fall. Und neben Annette Bening noch andere Schauspieler beeindruckend. Elle Fanning, Greta Gerwig, der junge Lucas Jade Zumann. Und Billy Crudup natürlich, der mich ein wenig an Kevin Kline erinnerte.

Leben ist Veränderung. Ich weiß. Trotzdem möchte ich das Café Richter zurück. Nicht, weil ich die angeblich beste Schwarzwälder Kirschtorte Berlins dort genascht hätte. Aber die Kuchen waren wirklich Klasse, die Gäste oft ziemlich schräg, und das Ambiente ganz wunderbar zum Lesen oder Schreiben geeignet. Ich habe mich dort immer ein wenig wie aus der Zeit gefallen gefühlt. In dem neuen Laden kam ich mir vor wie in einem Back-Shop. Nun ja. Aber der Rhabarber-Kuchen war lecker.

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