Die Freundin ist mit der Überarbeitung fast fertig, ich erschaffe für eins meiner zukünftigen Ichs ein Leben. Halina, 71. Verbringe Stunden am Schreibtisch. Die Frauen und die nette Hundedame sind gestern Abend zurück nach Berlin gefahren, jetzt sind wir im Haupthaus wieder allein. Dafür sind die beiden anderen Frauen wieder da, die sich hier um die Belange kümmern. Die guten Geister.

Als wir gestern Abend vom Deichspaziergang kamen, saß wieder der Mann mit dem Tarnanzug auf der Aussichtsbank. Wir haben ihn freundlich gegrüsst. Weil er ausserdem ein großes Objektiv besitzt, habe ich ihn auch gleich gefragt, ob das nun Kraniche sind, die da auf dem See sitzen. Wir waren unschlüssig. Nein. Das sind Silberreiher. Und dann entspann sich ein solch interessantes Gespräch, wie wir das mit Unbekannten hier noch nicht erlebt haben.

Der Mann kommt regelmäßig aus Rathenow. Zu jeder Tages- und Nachtzeit sitzt er irgendwo im Feld, am See, auf dem Deich. Ein großer Naturkenner und Beobachter. Er hilft auch dem Nabu.  Säubert und baut ehemalige Trafohäuschen um, in denen jetzt Schleiereulen nisten.

Während wir redeten, machte er uns auf einen Fischadler aufmerksam, der über uns kreiste. Und dann zeigte er uns seine Fotos, der moderne Mensch hat die ja auf dem Smartphone. Atemberaubend. Als kämen sie direkt aus der National Geografic. Seeadler mit ihren Jungen, bei der Jagd, mit fettem Fang in den Krallen. Mal Aal, mal ein anderer dicker Fisch. Und die Augen. Mal meinten wir, Jagdeifer und Konzentration zu entdecken, dann wieder eine gewisse Befriedigung. Aber wir sahen auch Schleiereulen im Flug, Gottesanbeterinnen, einen Eisvogel mit Fisch im Schnabel. Für solche Bilder braucht man neben dem entsprechenden Equipment vor allem Geduld und Ausdauer. Und dann natürlich Sonnenauf- und Untergänge. Mond mit Henkel. Manches surreal, fast zu schön. Wir waren ein begieriges Publikum, unsere Ahhhs und Ohhhs kamen von Herzen. Da haben wir mal richtig was erlebt.

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