Den Kinosaal verließen wir schweigend. Und auch im modo dauerte es eine Weile, bis wir auf den Film zu sprechen kamen. Bestellten erst einmal Getränke, einen kleinen Imbiss. Das „Schloss aus Glas“ eine Achterbahnfahrt für meine Gefühlswelt. Ein Vater, der säuft, eine Mutter, die einen an der Waffel hat. Die Kinder meist sich selbst überlassen, zu essen gab es oft nichts. Dafür wurden Sterne vom Himmel verschenkt, die gehen nicht so schnell kaputt, wie das übliche Plastikzeug.

Und eigentlich meinte der Vater es auch gut, er war klug, ein Aussteiger eben, der wollte nur das Beste für seine Kinder (das wollen sie doch alle). Leider kam ihm immer wieder der Alkohol dazwischen und sein auf Einschüchterung beruhender Charakter. Da musste dann die Lieblingstochter (sie hat das autobiografische Buch geschrieben) ins tiefe Wasser geworfen werden, damit sie schwimmen lernt und im Leben nicht immer nur am Rand steht. Wenn er sich im Suff  mal wieder geprügelt hatte, musste sie ihm die Narbe vernähen. Ohne Narkose. Und wenn er wieder einmal einen Job verloren, zu viele Schulden gemacht hatte, dann wurde umgezogen. In die nächste Bruchbude, auf die nächste Müllhalde. Obwohl der Mopedfahrer diesen Aspekt anzweifelte. So schrecklich werden die Häuser bestimmt nicht ausgesehen haben. Glaubt er.

Natürlich hat dieser Vater selbst Verletzungen davon getragen, das konnte man sehen. Wahrscheinlich wurde er von seiner sadistischen Mutter sexuell missbraucht. Selbst als erwachsener Mann gelang es ihm nicht, sich gegen sie zur Wehr zu setzen, seine Kinder vor ihr zu schützen. Aber beschützen war ja sowieso nicht seine Stärke.

Ich schwankte zwischen Anziehung und Abstoßung, was diesen Mann (überzeugend Woody Harrelson) betraf. Das ist dem Film gut gelungen. Die Mutter fand ich konturlos. Und bitte, warum immer dieser Hinweis, das wäre „eine wahre Geschichte“. Darüber habe ich heute Mittag noch mit dem Hausmann diskutiert. Wozu brauche ich das? Für ihn macht es einen Unterschied. Dann wäre es authentischer, seine Gefühle intensiver, wenn er so etwas weiß.

Meine Gefühle wären auch ohne diese Information aufgescheucht hin und her geflattert. Weil ich Phantasie habe. Und mir vorstellen kann, dass es so oder so ähnlich in etlichen Familien zuging, immer noch zugeht. Ich hätte auch die Fotos der wirklichen Familie nicht gebraucht, auch nicht die kleinen Filme über die Mutter, den echten Vater.

Ja. Verzeihen ist gut. Trotzdem war mir der Schluss ein wenig zu versöhnlich. Als sich alle wieder lieb hatten.

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