Nach der Praxis mit dem Bus zum Zoo. Mit meiner York-Karte kann ich ja auch in das neue Delphie Lux. Dort läuft der Film Die Unsichtbaren – Wir wollen leben, den ich für Herrn W. und mich ausgesucht hatte. Sieben Säle, die Betreiber müssen ausgeprägte Optimisten sein. Im Foyer etwas eng, im Saal ebenfalls, haben sie die Sessel schmaler gemacht? die geometrischen Muster an den Wänden langweilig, dafür kann man sich nach hinten legen. Der Mantel der aparten älteren Frau neben mir farblich zur Einrichtung passend, wie sie überrascht feststellte. Phantasie in grün.

Um der Deportation durch die Nazis zu entgehen, hatten sich in Berlin ca. 7000 Juden versteckt. Nur 1700 von ihnen überlebten. Der Film erzählt in einer gelungenen Kombination aus Dokumentation – u. a. Ausschnitte aus Interviews mit den Überlebenden – und Spielfilm von vier dieser Menschen. Von ihren Ängsten, Sorgen, ihrem Mut, ihrer Verzweiflung, aber auch von der Unbekümmertheit, die sicherlich ihrer damaligen Jugend geschuldet war. Nicht zuletzt erzählt der Film von mutigen Helfern, die es Gott sei Dank auch gegeben hat. Einer dargestellt von Andreas Schmidt. „Der ist gestorben.“, flüsterte mir meine Nachbarin zu. Ja, ich weiß, und das finde ich auch ungerecht.

Ich habe es eben erst recherchiert. Es galt nicht als Straftat, einen Juden zu verstecken. Und es wurden auch keine  Todesurteile vollstreckt gegen jene, die es gewagt hatten. Trotzdem konnte man ins KZ kommen, wenn einem andere Vergehen (Urkundenfälschung, Hören von Feindsendern) nachgewiesen wurden, was die Behörden in diesen Fällen wohl immer versucht hatten.

Als der Film zu Ende war, saßen wir noch eine Weile. Jeder mit sich und seinen Gefühlen beschäftigt. In die Stille hinein sagte meine Nachbarin, dass sie auch eine von denen gewesen ist.  Ein verstecktes  jüdisches Mädchen, gerade mal acht Jahre alt, als der Krieg vorbei war.

Das daraus resultierende Gespräch ähnlich berührend wie der Film. Aber viel zu kurz. Eine beeindruckende, starke Frau. Ehemals Ärztin, Psychotherapeutin, die mit ihrer Familie auch in Israel gelebt hatte, wo sie es aber nicht aushalten konnte. Wir waren dann die letzten im Saal.

Später haben wir überlegt, warum wir sie nicht zu einem Glas Wein eingeladen haben. Das war dumm von uns. Aber wenigstens ihren Namen hatte sie uns noch genannt. Rahel Mann. Den könnte ich googeln, dann würde ich eine Dokumentation finden, die man über sie gemacht hat und Hinweise auf die Vorträge, die sie an Schulen hält. Vielleicht finde ich auch eine Adresse. Ich würde ihr gern noch ein paar Zeilen schreiben.

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