Die Stadtneurotikerin

fühlt sich das hier ziemlich leer an. Hätte es nicht wenigstens kurze Auftritte gegeben, meine Mannheimer Freundin hätte denken können, dass ich allein in dem großen Haus lebe. Dass ich meine Mitbewohner nur erfunden habe, damit mir niemand auf die Pelle rückt. Ich schätze die Ruhe, aber so ruhig muss es nun auch nicht sein. Ganz anders der Vormittag gestern, den ich mit N. und einer Nachbarin in Sachen Deutsch für Geflüchtete verbracht habe.

Eine wiederholt vorgetragene Anfrage von N., der ich am Ende nicht widerstehen konnte. Ein paar Stunden für Frauen, die keinen offiziellen Integrations- oder Sprachkurs besuchen können, weil ihre Kinder noch zu klein sind. Eine Betreuung gibt es erst für die über Dreijährigen. Das ist schade, denn das bedeutet, dass sich immer eine der ehrenamtlich arbeitenden Frauen zusätzlich noch um die mitgebrachten Kinder kümmern muss, damit die Mütter sich in Ruhe den Aufgaben widmen können.

Ich war beeindruckt von dem Wissensdurst dieser Mütter, von ihrem Eifer, ihrem Engagement. Sie alle wollen lernen, wollen sich hier ein Leben aufbauen, am liebsten einen Beruf lernen, arbeiten. In Afghanistan z. B. gibt es diese Möglichkeiten für Frauen nicht. Da ist es auch keine Option, dem Mann zu sagen „Das Mittagessen steht auf dem Herd.“ Das war einer der Sätze, den ich gestern mit der mir zugeteilten Frau geschrieben habe und über den sie sich köstlich amüsiert hat. „Das kann ich Mann nicht sagen, sitzt am Tisch, wartet.“ Aber sie konnte darüber lachen, das ist ja auch was.

Verblüfft war ich über das bisher schon Gelernte.  In puncto Rechtschreibung könnten sich viele deutsche Schüler eine Scheibe abschneiden. Von dieser Begeisterung für das Lernen sowieso. Dann macht es auch den Vermittelnden Spaß. Mir z. B. Dann ist es inspirierend und bereichernd für beide Seiten. Ich weiß noch nicht, wie sich das zukünftig gestalten könnte, aber Lust auf weitere Begegnungen habe ich.