Auch das Eichhörnchen bedient sich am Knödelboy. Keinen Meter von mir entfernt kaut es. So war das nicht gedacht, du Schnösel. Wahrscheinlich habe ich mich am Montag verkühlt. Aber nach dem leckeren Mahl wollte keiner reingehen. Es war so nett im blauen Salon mit den Windlichten und dem roten Wein, und Hausmanns Erklärungen zum Boltzmann-Gehirn, das für die anderen ja Neuland bedeutete,  haben mich auch nicht verschreckt. Keine Ahnung, wie wir überhaupt darauf gekommen sind. 

Von Weiterbildungen im Müßiggang, über Tote in Filmen, die nur das sehen, was sie sehen wollen, und dann zack. Ploppte Boltzmann. Es war auf alle Fälle eine gute Idee, das Essen um einen Tag vorzuverlegen. Gestern wäre es viel zu kalt gewesen. Der Wind wehte heftig, keine Ahnung, ob der Kudamm deswegen so  merkwürdig leer war. Ich hatte zwischen Praxis und Kino noch etwas Zeit und bin schon am Adenauerplatz aus dem Bus gestiegen, von dort bis zum Zoo gelaufen. Vorbei an den ganzen Nobel-Geschäften, die es in allen Großstädten gibt. Nicht mal die Schaufenster finde ich einladend.

An das Buch von Anna Seghers kann ich mich kaum noch erinnern. Aber ich weiß, dass sie selbst in Mexiko im Exil war. So wie auch die Protagonisten in dem Film „Transit“ nach Mexiko wollen. Ich hätte nicht gedacht, dass die Story im modernen Marseille tatsächlich funktioniert, aber sie tut es. Sie packt und lässt einen so schnell nicht wieder los.

Jedenfalls saßen die Freundin und ich danach erst einmal eine Weile schweigend in der Kneipe. Was für eine Wucht. Vielleicht erklärt sich diese Wirkung wie K. meinte tatsächlich dadurch, dass die Geschichte über die Erfahrungen von Flucht und Vertreibung hinausgeht. Sie erzählt ja auch von Liebe in unmöglichen Zeiten, vom Warten und verpassten Gelegenheiten. Ein tolles Schauspieler-Ensemble. Alle haben uns beeindruckt, aber dieser Franz Rogowski, das ist schon ein besonderer Mann. Verletzlich und stark gleichzeitig, und manchmal so erstaunt. Man (wir) möchte ihn beschützen. Aus der Kneipe zerren. Wir waren uns einig, dass dies seit langem mal wieder ein richtig guter Film war, der eine eins verdient hat. Jau.

2 Kommentare

  1. Mr Houseman
    geschrieben am 2. Mai 2018 um 22:11 Uhr| Permalink

    Also, dass keiner reingehen wollte, kann ich so nun wirklich nicht bestätigen. Ich glaube mich nämlich zu erinnern, dass ein Mr Houseman nach geraumer Zeit des Wortewetzens zaghaft anmerkte, ob es sich drinnen im Haus nicht angenehmer und vor allem wärmer weiterdiskutieren ließe. Doch die kollektive Sorge, ob das im Nachtwind im flackernden Kerzenschein gesponnene Gedankengewebe den abrupten Umzug ins Behagliche unbeschadet und in alter Frische überstehen würde, wog für manche schwerer als kalte Füße und klamme Nasen.
    Aber wenn jeder sich einen Faden dieses Gewebes merkt und festhält und mit sich nimmt ins Behagliche, würde nicht dasselbe Muster weitergewebt, auch wenn die Kerzen nur noch windlos scheinen?

  2. Nanette
    geschrieben am 4. Mai 2018 um 13:58 Uhr| Permalink

    Monsieur, warum spinnen Sie eigentlich nicht mehr von diesem Gedankengewebe? Ist Ihnen das Mondlicht ausgegangen?

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