Gestern habe ich im Stehen in der Küche gefrühstückt. Ich habe es nicht ins Eßzimmer geschafft, weil der Hausmann so spannend von einem Buch („Die Arbeit der Nacht“ von Glavinic) und einem Film („The Quiet Earth“) erzählt hat, die beide ein ähnliches Thema, eine ähnliche Versuchsanordnung haben wie jener Film, den ich mir nach der Praxis ansehen wollte. Immer geht es um eine Welt, in der die Menschen (bis auf einen oder ein paar wenige) plötzlich verschwunden sind.  Man weiß nicht, wie das passiert ist, ob irgendwer sie weggebeamt hat.

„In My Room“ erzählt von einem Mann, der ein bisschen neben der Spur ist. Offensichtlich arbeitet er als Kameramann, aber bei Interviews mit wichtigen Politikern hat er die Kamera nicht eingeschaltet. Er geht in einen Club, nimmt ein viel zu junges Mädchen mit in seine kleine Wohnung, in der er nicht so richtig zu leben scheint, und als er von seinem Vater erfährt, dass seine Oma stirbt, fährt er in die Kleinstadt, aus der er kommt, wo er sich auch nicht wohl fühlt. Nach einer Nacht, die er im Auto schlafend an einem Fluss verbracht hat, muss er feststellen, dass er der letzte seiner Art ist. Es gibt keine Menschen mehr. Keine lebenden, und Leichen sieht er auch nicht. Nur seine tote Oma liegt noch immer in ihrem Bett. Ein ziemlicher Schock das alles.

Später hat er ein kleines Haus, Marke Eigenbau wahrscheinlich, Felder, ein Pferd, eine Ziege, ein paar Hühner, und mit der Nutzung der Wasserkraft klappt es auch irgendwann. Unglücklich wirkt er nicht, eher so, als hätte er etwas gefunden, was ihm vorher gefehlt hat. Natürlich taucht dann eine Frau auf, und damit könnte die Menschheitsgeschichte von vorn beginnen. So einfach ist es aber nicht. Das hat mich verblüfft und aufgewühlt. Als ich in der S-Bahn dann noch die Mail vom letzten Mann gelesen habe, weinte ich mal wieder öffentlich.

Nachts habe ich mir vorzustellen versucht, wie es wäre, wenn mir so etwas zustoßen würde. Das war alles andere als angenehm. Auch wenn ich häufiger mal von einer einsamen Insel träume, allein auf der Welt möchte ich deswegen nicht sein. Während der Hausmann heute Morgen in der Küche mit leuchtenden Augen etwas von „aber das wäre doch hoch faszinierend“ faselte. Typisch. Den mussten wir letztes Weihnachten fast dazu verdonnern, im Falle eines Lottogewinns seinem imaginierten Traumhaus noch ein paar Gästezimmer hinzuzufügen. „Was? Ihr wollt mich da besuchen?“

Aber vielleicht muss das Thema noch einmal neu bedacht und diskutiert werden. Morgen früh in der Küche zum Beispiel.

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