Zu Hause. Das heißt vor allem, im eigenen Bett schlafen. Ohne fremde (oder bekannte) Schlafgeräusche in nächster Nähe und mit reichlich Platz links und rechts. Und wie ruhig es in unserer Straße ist. Im Vergleich zu unserem Zimmer in Toulon geradezu paradiesisch. So kühl in Berlin. In Marseille gestern 30 Grad. Unser Flug hatte Verspätung, was die Damen und Herren von der Abfertigung aber für sich behielten und was sie auch nicht davon abhielt, uns einchecken zu lassen.

Dann standen wir gefühlte 3 Stunden (tatsächlich waren es 45 Minuten) in einer Art Warteschleife, meine Füße dampften in den Stiefeln, die natürlich nicht mehr in den Koffer gepasst hätten, Hitzewellen gingen über mich hinweg, die nichts mit Klimakterium zu tun hatten, um uns herum ein gut gelaunter französischer Männerclub, ein Chor vielleicht, denn wo wir sie auch trafen, und das war in den nächsten sechs Stunden häufig der Fall, von Marseille nach Köln und von Köln nach Berlin saßen wir in ihrer Mitte, und immer sangen oder summten sie, und wenn sie nicht summten oder sangen versuchten sie wenigstens, sich gegenseitig zu übertönen. Das sind so Stimmungen, in die ich dann gerate, da wünsch ich mir, ich hätte wenigstens einen kleinen Zipfel Buddha-Natur.

Toulon hat mir am Ende sehr gefallen. Vor allem, nach dem wir einen schönen Strand gefunden hatten, an dem wir das mitgebrachte Picknick verzehren konnten. Im Schatten, an einen Baum gelehnt, das in der Sonne glitzernde Mittelmeer vor uns. Gruppen von Jungen und Mädchen, man lagerte getrennt, aber miteinander geschäkert (sagte man früher) wurde natürlich, Damen aller Altersklassen und Busen-Größen und- zuständen oben ohne, wer hätte das von den eleganten Französinnen gedacht, eine Menge Testosteron in der Luft, aber alles friedlich, beschaulich. Keine offenen Wünsche. Nirgends.

Zurück zu unserem Hotel durch die Altstadt. Enge Straßen. Kleine Cafés, an jeder Ecke eine Bar, alles etwas herunter gekommen, aber lebendig. Lebendig vor allem durch die vielen Menschen, die aus Nordafrika gekommen sind. Läden mit Obst, Gemüse, getrockneten Früchten, Fleisch, Oliven in allen Variationen. Daneben Fromagerien, Patisserien, Boulangerien. Diese Düfte und Farben.

Und hier? Briefe vom Steuerberater. Von der Krankenkasse. Von der Senatskanzlei für kulturelle Angelegenheiten. Leider müssen sie mir mitteilen, dass ich auch dieses Jahr nicht zu den Glücklichen gehöre, denen ein Senatsstipendium gewährt wird. Wenn es ihnen leid tut, da wüsste ich Abhilfe. Auch die Freundin bekommt kein Stipendium, das erzählt sie mir am Telefon.

Vielleicht mache ich mich im nächsten Jahr 30 Jahre jünger. Verpasse mir eine fiktive Vita. Tochter polnischer Zuwanderer. Was ja nicht völlig gelogen wäre.  Ach, was weiß ich. Da hat er mich wieder, der Alltag. Irgendetwas war auch noch mit einem Expose, dessen Neufassung mein Lehrer mit mir besprechen würde. Wenn ich denn mal da wäre. Ich merke schon, hier hat sich in der einen Woche nichts geändert.

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