Es kommt mir vor, als wäre ich ständig unterwegs. Es gibt ja nicht nur die über den Tag verteilten Spaziergänge mit dem Hund, alle zwei oder drei Stunden laufen wir los, vorgestern und gestern bin ich auch noch mit dem Rad in die Praxis gefahren, trotzte tapfer Schnee und Schneeregen, von dem vielen Grau über mir ganz zu schweigen. Ich staune über mich selbst, über meine heitere Gestimmtheit. Auch über meinen guten Schlaf wundere ich mich.

Vielleicht gibt es da einen Zusammenhang. Das sollte ich auf keinem Fall dem Mopedfahrer erzählen, der steht sonst gleich mit dem Rad vor der Tür. Dabei genieße ich das Alleinsein, das lange Schweigen. Beobachte Vögel, hier ist viel mehr los als bei mir, stöbere in Büchern. Hadere mit Houellebecq, mit seinem Protagonisten in Unterwerfung, ich kann das nicht weiter lesen, dafür könnte das Buch über Frauen, die anders meditieren, vielleicht interessant sein.

Wenn ich laufe, denke ich über den Text nach, an dem ich gerade arbeite. Ist meine Protagonistin wirklich so abgeklärt, dass sie den Gedanken an einen Mann abwegig findet? Nur noch Natur und Stille, in die dann wahrscheinlich gaaaanz zufällig doch mal einer hinein platzen wird? (Ich schreibe da nicht über mich.) Würde ich mir derartige Gedanken vor dem Schreiben machen, wäre es einfacher. Dann müsste ich meine Anfänge nicht immer wieder überarbeiten, bis ich endlich da bin, wo ich hin will. Mir wird das immer erst nach vierzig oder fünfzig Seiten klar. Wahrscheinlich muss ich noch etliche Runden laufen.

2 Kommentare

  1. Mr Houseman
    geschrieben am 4. Februar 2019 um 20:42 Uhr| Permalink

    Eine Frau, Natur und Stille? Das schreit ja förmlich nach einem wackeren gutaussehenden Förster, der in das baufällige Forsthaus einzieht um es herzurichten und als Labor zu nutzen für seine Doktorarbeit über das Sozialverhalten der spitzbeuteligen Krachkäfer im Hinblick auf das jahreszeitlich wechselnde Nahrungsangebot durch Wildschweinlosungen.
    Pikanterweise ist der gutaussehende Förster der Neffe der guten alten Waldbäuerin, die sich leider kaum des zwielichtigen Jagdpächters erwehren kann, der natürlich die Waldbäuerin über den Tisch ziehen und ihr den Wald abluchsen will. Der Jagdpächter ist natürlich hinter der Frau her und hegt ihr gegenüber unehrenhafte Absichten. Ausserdem knallt er alle Schweine ab und entzieht den Krachkäfern ihre Nahrungsgrundlage und dem Förster somit die Objekte seiner Forschung, in die er große akademische Hoffnungen setzt. Die Frau und der Förster tun sich natürlich zusammen, da der Förster nur ehrenhafte Absichten hegt (seine Frau ist vor Jahren bei einem nie aufgeklärten Jagdunfall gestorben, bei dem der sinistre Jagdpächter eine dubiose Rolle gespielt hat).
    Wie der Showdown in stiller Waldesnatur ausgeht verrate ich nun aber nicht. Nur soviel: die alte Waldbäuerin wird es allen zeigen.

  2. Nanette
    geschrieben am 5. Februar 2019 um 09:33 Uhr| Permalink

    Monsieur, ich bin erstaunt ob der akkuraten Zusammenfassung, die Sie hier geliefert haben. Liegt es am morphischen Feld? Können Sie Frauengedanken – oder nur meine – lesen? Genau so in der Art hatte ich mir das gedacht. Was wären wir für ein Team, würden wir gemeinsam auf den Spuren Hedwig Courths-Mahlers schreibwandeln. Da könnten so viele altersschwache Tage gnädige Tode sterben (siehe Mondlichter-Blog). Ich grüße Sie aus der Ferne, so nah.

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