Um sieben ist es noch dunkel. Aber das habe ich schon in den letzten zehn Tagen gemerkt. Nur bin ich heute wieder in meinem eigenen Bett aufgewacht. Im Erdgeschoss kein Hund, der mich mit diesen unergründlichen braunen Augen ansieht, weil er auf sein Leberwursthäppchen wartet, in dem die Tablette versteckt ist, die er aussortieren würde, täte man sie ihm ins normale Futter. Ich muss auch nicht im Halbschlaf vor die Tür. Das gefällt mir.

In der WG alles so wie immer. Fast. Den Hausmann hat eine heftige Erkältung erwischt, die Spanierin hatte nach fünf Tagen Frühdienst mal wieder eine schlaflose Nacht hinter, sie fühlte sich gestern Abend immer noch neben der Spur. Das haben wir ja häufig gemeinsam. Nur lag mein Neben-der-Spur-sein eher an dem Fernsehprogramm von Freitag Nacht.

Als der Film „Elle“ vor zwei Jahren im Kino lief, habe ich ihn mir mit Absicht nicht angesehen. Ich fürchtete damals, für das Thema nicht stark genug zu sein. Freitag nun habe ich ihn mir auf ARTE angeschaut. Danach war ich ziemlich aus dem Lot. Mein Herz fühlte sich taub an, als läge ein Stein in meiner Brust. Ich konnte nicht richtig atmen, außerdem knackte es plötzlich so laut in den Wänden, in den Heizungsrohren, und bewegte sich da nicht jemand im Erdgeschoss?

Ich bin immer wieder erstaunt über meinen Körper. Da braucht es keine bewusste Verknüpfung, ich muss mir nicht meine Erlebnisse und Bilder in Erinnerung rufen, der Körper hat sein eigenes Gedächtnis. Vielleicht sollte ich bestimmte Bücher und Filme doch meiden. Fand den Film trotzdem sehr gut. Und keinesfalls frauenfeindlich, wie ihm ja manche unterstellt hatten. Ich verstehe, dass diese Michéle kein Opfer sein wollte. Wenn männliche Kritiker ihren Text aber damit anfangen, dass sie überlegen, wann sie das letzte Mal die Nippel der Isabelle Huppert gesehen haben, dann möchte ich mal wieder etwas werfen.

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