Ich stelle mir vor, wie Johanna, die ich nur aus einem Buch kenne, diese zwei Worte sagt. Dabei bin ich mir gar nicht sicher, dass sie sie überhaupt sagt. Vielleicht denkt sie sie nur. Vielleicht zuckt sie mit den Schultern dabei. Was ist denn überhaupt Glück? Sie würde vielleicht sagen, wenn man einen herrenlosen, ausgesetzten Hund findet, ihn mit nach Hause nimmt und am Ende sogar behält. Oder sie würde sagen, wenn man plötzlich jemanden findet, der einen vorbehaltlos und stetig liebt.

Mir würde das gefallen. Ich hätte auch gern einen Hund. Aber ich darf nicht. Weil es so in unserem Mietvertrag steht, weil wir keine Zeit für einen Hund haben, weil ein Hund in einer Stadtwohnung nichts zu suchen hat, weil wir nicht ständig auf ein Tier Rücksicht nehmen wollen, und ob ich denn immer mit einer Tüte spazieren gehen möchte, in der ich die großen Haufen sammle. Will ich nicht. Ich finde auch keinen Hund, egal, wie viel Mühe ich mir gebe. Nirgendwo ist einer angebunden und zittert vor Kälte. Da kommt so ein Buch gerade recht.

Aber es ist natürlich kein Buch über eine Frau, die auf den Hund kommt, obwohl mir dieser Teil der Geschichte ganz besonders gefällt. In Monika Marons Roman „Endmoränen“ fand die Protagonistin am Schluss einen zottligen Hund, den weniger tierliebe Menschen ausgesetzt hatten. Johanna nahm ihn mit nach Hause, und dann war das Buch leider zu Ende. Man wusste nicht, wie es weitergehen würde mit Johanna und ihrer langweilig gewordenen Ehe, in der sie vor allem den Rücken ihres Mannes sah und die Veränderungen schon in der Luft lagen. Welches Los der Hund haben würde, stand auch in den Sternen. Ihr Mann war von dem neuen Mietbewohner jedenfalls nicht begeistert.

Dann gab es ein nächstes Buch von Frau Maron, die Frankfurter Poetikvorlesung, nach dieser Lektüre wusste ich, dass es eine winzige Hoffnung für mich gab. Ich würde erfahren, wie es Bredow ergangen war. Dem Hund. Nun weiß ich, es geht ihm gut. Johanna auch. Sie ist auf dem Weg nach Mexiko, wo sie einer ihr bisher nur aus Briefen bekannten alten Russin bei der Suche nach einer Freundin aus Jugendtagen behilflich sein will. Aber das ist nebensächlich. Johanna könnte auch zu einem Schamanen nach Sibirien reisen.

Es gibt so viele Gründe, warum Menschen plötzlich aus ihrem Trott ausbrechen. Weil sie es leid sind, immer dasselbe zu tun. Weil sie vor ihrem Tod noch einmal verrückt sein wollen. Weil sie ihren Partnern noch ein wenig Zeit lassen wollen, darüber nachzudenken, was ein anderer Mensch, ein jüngerer noch dazu, an ihnen findet. Es kann aber auch sein, dass man es tut, damit man später etwas wehmütig ach Glück sagen kann.

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