Das Thermometer ist von den auf dem Balkon herrschenden Temperaturen überfordert, es gibt seinen Geist auf bzw. quittiert den Dienst. Drinnen gefühlte 30 Grad, gestern, als das Thermometer noch arbeitete, waren es kühle 25, das Ergebnis komplizierter Lüftungsstrategien und feuchter Tücher, die ich an die Außenseite der Fenster gehangen habe.

Nach den drei Tagen, die ich fast ununterbrochen in der Wohnung saß oder lag, sind jetzt klaustrophobische Zustände im Anmarsch und ein Gang nach draußen lässt sich nicht länger vermeiden. Kurz überlege ich, ob ich raus nach Nikolassee fahre, versuche mich mit der Möglichkeit eines Bades im Schlachtensee zu ködern, entscheide mich dann aber doch für die hundert Meter bis zur Spree.

Im Gepäck Wasser, Zeit Magazin, Mütze, Schreibzeug, Kühlakku. Es gibt ein paar schattige Plätze unter Weiden, allerdings sind sie begehrt und gleich wieder belegt, wenn jemand aufsteht. Ich finde einen freien Baum und benutze den Stamm als Lehne für den Rücken. Ab und an weht ein Lüftchen, allerdings ist es nicht kühl sondern warm, Erinnerungen an den letzten Saunabesuch steigen auf, aber wenigstens bewegt sich überhaupt etwas.

Auf der Spree fahren Ausflugsdampfer, die Neptun, Belvedere, Spreekrone oder Spreekomtess heißen. Auf den Decks viele Menschen. Die meisten ohne Kopfbedeckung in der prallen Sonne, nur vereinzelt ist mal ein Schirm zu sehen. Ich habe den Kühlakku in die Mütze gewickelt, und so lege ich ihn mir in den Nacken, auf den Kopf, unter die Füße, auf den Bauch.

Auf den Uferwegen Radfahrer und Jogger. Es scheint sich noch nicht herum gesprochen zu haben, dass man sportliche Aktivitäten am besten auf die frühen Morgenstunden legt und nicht auf die Mittagszeit. Auch wenn mancher ein wenig mitleidig auf meinen Akku schielt, ich bin sicher, im Falle eines Schwächeanfalls wäre er froh, wenn ich die Güte besäße, ihn kurzfristig abzutreten. Nein, ich möchte nicht in den Süden auswandern. Und wenn es weiter so heiß bleibt, dann möchte ich ein Meer vor der Tür.

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