Ich sitze im rosa Bademantel meiner Mutter – in dem ich wie ein alter Plüsch-Elefant aussehe – im Haus meiner Eltern in der Küche und trinke Cappuccino aus der Tüte. Ich habe nicht geschlafen. Eigentlich auch nichts verstanden. Überall ticken hier Uhren. Sonst ist es sehr still. Viel stiller als zu Hause. Gestern gegen 19 Uhr rief mich mein Stiefvater an. Meine Mutter war am Nachmittag gestürzt. Das dritte Mal innerhalb einen Jahres. Anfangs hatte es wohl harmlos ausgesehen, eine Platzwunde am Kopf, nichts tat ihr weh, sie wollte auf keinen Fall, dass der Rettungsdienst gerufen wird. 

Zwei Stunden später war sie nicht mehr ansprechbar. Wenn ich meine Mutter noch einmal sehen wolle, sollte ich nach Buch ins Krankenhaus fahren. Er würde sich auch gleich mit einer Nachbarin auf den Weg machen.

In kritischen Situationen rufe ich meist den Taxifahrer an. Ich vermute, weil er immer weiß, was zu tun ist. Er wollte mich abholen und mit mir ins Krankenhaus fahren. Vom Elstal nach Nikolassee, nach Buch. Nein, das wäre ja verrückt, eigentlich wollte ich nur diese Bestätigung. Dass er da ist. Ich habe dann einen anderen Taxifahrer glücklich gemacht.

Die Ärztin, die mich an der Information abholte, sprach mir ihr Beileid aus. Im Zimmer war es still. Auf dem Nachttisch brannte ein kleines Licht. Klein und zart lag meine Mutter auf diesem viel zu großen Bett.  Und so erschreckend tot. Wir haben ihr die Hände, die Stirn gestreichelt. Immer abwechselnd. Du bist so kalt Mama. So kalt.

Die Beziehung zu meiner Mutter war schwierig. Aber im letzten Jahr habe ich immerhin einige Mal mit ihr telefoniert, zuletzt am 24sten. Darüber bin ich jetzt froh. Und natürlich habe ich mir manchmal vorzustellen versucht, wie es sein würde, wenn sie eines Tages stirbt. Sie ist 86, konnte schlecht laufen, hing nicht mehr am Leben, wie sie einmal sagte. Jetzt weiß ich, dass Phantasie und Realität doch sehr auseinanderklaffen können.

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