Heute mache ich mal eine Pause. Eine erste Zwischenbilanz besagt, dass ich in 6 Tagen 60 km gelaufen bin. Für eine wie mich gar nicht so übel. Obwohl der Mopedfahrer, mit dem ich gestern 10 Kilomenter gelaufen bin, mir wieder mit dem Argument kam, ich würde mich doch sonst auch bewegen. Der überschätzt mich, was ja nett ist, aber ich bewege mich sonst erstens weniger und zweitens eher sporadisch. Außerdem ist da auch eher ein „ich sollte, Bewegung ist gesund“ oder ein Kuchen, der mich lockt, wenn wir an der Ostsee sind. Oder ein Weststrand.

Herr W. fragt, ob ich jetzt etwa Asketin werden wolle. Er hat von meinem Vorhaben „40 Tage ohne“ gelesen. Bisher waren wir uns darüber einig, dass wir mit Askese nichts am Hut haben. Dass uns Menschen, die keinen Alkohol trinken, nicht rauchen, die nur noch clean oder vegan essen, suspekt sind. Daran hat sich nicht viel geändert. Bewahre uns vor den Asketen. Vor allem vor jenen, die das Asketentum zum Dogma erheben. Mir persönlich sind Sünder irgendwie sympathischer als Heilige.

Ich möchte eben nur mal verzichten für eine Weile. Bzw. möchte ich herausfinden, was passiert, wenn ich bestimmte Dinge weglasse. Hat das irgendwelche Auswirkungen? Schlafe ich besser oder schlafe ich überhaupt? Wache ich eventuell sogar auf und freu mich auf den Tag? Davon haben mir nämlich die trockenen Alkoholiker erzählt, die ich in meinem Leben kennengelernt habe. Ich wache ja eher auf, ein wenig befremdet, aha, schon wieder so ein Tag, der irgendwie gemeistert, herumgebracht werden muss, am besten noch mit sinnhaftem Tun, nicht einfach nur da sein wie die Vögel unter dem Himmel, die nicht säen und nicht ernten, das ist in meinem Fall nicht vorgesehen, also von Freude kann ich morgens nicht sprechen.

Fällt es mir schwer, keinen Alkohol zu trinken, den Kaffee ohne Zucker, auf den täglichen Kuchen, das Dessert zu verzichten? Nein, fällt es mir nicht. Ich habe auch keine Entzugserscheinungen. Was mich in Hinblick auf den Alkohol ein wenig beruhigt. Ich kann ganz einfach ohne. Und obwohl ich morgens immer noch nicht vor Begeisterung sprühe, gibt es doch kleine Veränderungen. Nein, du musst den zweiten Kaffee nicht auch noch im Bett trinken. Steh auf und geh raus. Bewege dich in der Natur, überlass dich den Wolken, dem Himmel. Nein, du musst nicht an den Schreibtisch, musst dich nicht schreibend vergewissern, dass du noch da bist, irgendwie wertvoll auch noch, das kannst du sein lassen. Das ist so neu, das gefällt mir. Und wenn es mir nicht mehr gefällt, dann lasse ich es wieder sein.

Einen Kommentar schreiben

Ihre Daten werden niemals an Andere weiter gegeben.
Die Email-Adresse wird nicht angezeigt. Notwendige Felder sind so markiert: *

*
*