Gestern habe ich mal wieder zwei Filme hintereinander angeschaut, was ich hätte sein lassen sollen. Zumal mich „Der Hochzeitsschneider von Athen“ nicht wirklich gepackt hat. Allerdings haben mir die drei alten Männer in ihrem feinen Zwirn sehr gut gefallen. Diese Farben. Und immer eine Weste zum Anzug. Ich kenne niemanden, der sich so kleidet, habe mir aber vorgenommen, mich häufiger in einer Stoffhose zu zeigen. Vielleicht hätte ich nach „Gunda“ aber auch einfach nach Hause fahren, in der S-Bahn noch ein wenig weinen sollen. Starker Film, starke Bilder. Schwarzweiß. Keine Musik. Keine Menschen. Nur die Geräusche der Natur, auch Motoren hört man.

Ich vermute, dass Gunda eine Zuchtsau ist, erklärt wird in diesem Film allerdings nichts. Wenn sie eine ist, dann hat sie es noch einigermaßen gut getroffen. Sie bringt ihre Kinder in einem geräumigen Stall zur Welt – den der Regisseur Viktor Kossakovsky nachgebaut hat, damit er überall Kameras platzieren konnte –  man sieht sie mit ihren übereinanderkullernden, sich gegenseitig von den Zitzen wegschubsenden, übereinanderliegenden, ständig quiekenden und ziemlich nervigen Nachwuchs. Jedes Schweinchen sieht anders aus, hat ein anderes Naturell. Wie rührend sie sind, wenn sie schlafen, wenn sie neugierig die Köpfe aus dem Stall stecken und Regen schlürfen. Irgendwann gehen sie alle auf der Wiese spazieren. Und natürlich gibt es kein Happyend, aber das wusste ich. Was ich nicht wusste, dass es mich so schmerzen würde, Gunda dabei zuzusehen, wie sie auf und ab läuft und ihre Kinder sucht. 

Der Film wurde an drei verschiedenen Orten aufgenommen, neben Gunda sieht man noch Hühner, die offensichtlich aus einer Legebatterie stammen, so zerrupft wie sie aussehen und so vorsichtig, wie sie den kleinen Käfig Richtung Freiheit verlassen, eins auf nur einem Bein, und Rinder, die glücklich auf die Weide springen, die gibt es auch. Immer sind es die Blicke der Tiere, die mich fast umhauen. In ihnen ist dieselbe Kraft oder Energie wie in mir, wie in einem süßen Goldenem Retriever. Das Leben, das am Leben bleiben will, so oder so ähnlich hat es Andreas Weber in seinem Buch „Alles fühlt“ geschrieben. Darüber werde ich wohl noch eine Weile nachdenken.

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