Was es alles gibt. Je älter ich werde, um so mehr fällt mir auf, was ich alles nicht weiß. Schön, dass es immer frischen Input gibt. Die Reizüberflutung durch Kunst, durch Schönheit wurde sogar schon wissenschaftlich untersucht, an der UDK haben sie ihr einst ein Blockseminar gewidmet. Witzig finde ich natürlich, dass der berühmte Romancier vor 200 Jahren schrieb, in Berlin würden sie so etwas (sein Herzklopfen, seine Erschöpfung, nachdem er Santa Croce besucht hatte) Nervenanfall nennen. Nun, so weit würde ich jetzt nicht gehen, aber nach drei Stunden in den Uffizien war ich einem derartigen Anfall schon sehr nahe, und da hatte ich längst nicht alles von Botticelli und Michelangelo gesehen, hatte Caravaggio gerade mal gestreift.

Man würde Tage, Wochen brauchen, Monate wahrscheinlich, wollte man „alles“ betrachten. Aber es gibt ja einen schönen Film über die Uffizien, den Trailer habe ich schon im Kino gesehen, da werde ich in aller Ruhe vom Sessel aus die nicht geschauten Kunstwerke bewundern, wenn ich wieder zu Hause bin. Mit den Freundinnen, zumindest wurde mir das angekündigt.

Immerhin kann ich nun sagen, ich habe die „muss man gesehen haben“ gesehen. Ich bin über die Ponte Vecchio gelaufen – das erste Mal, seit ich hier bin – war überaus glücklich über die Tatsache, dass ich nichts von den vielen dargebotenen Dingen dort brauche, stand vor und im Palazzo Vecchio (früher Palazzo delle Signoria), habe die Schönheit der Venus aus der Nähe bewundert, habe beschirmt (endlich Regen, endlich das erwünschte November-Gefühl) die Kathedrale und den Companile umrundet, Fotos verschickt – der eine will so gern den einen, der andere den anderen Turm aus der Nähe, was macht man nicht alles für seine Freunde – und dann war ich so erschöpft, ich hätte auf der Stelle einschlafen können. Stattdessen musste ich nach Hause laufen, was mir nur noch im Schongang möglich war. Zur Regeneration habe ich einen Sprizz getrunken. Vor der Bar d’Angolo, kurz vor meinem ersehnten Bett, auf dem ich mich schon ausgestreckt liegen sah. Eine kleine entzückende Bar, in der sie abends auch Häppchen zum geistigen Getränk servieren.

Lele findet es gar nicht erstaunlich, dass ich hier so gut schlafe. Da wären zum einen natürlich die vielen neuen Eindrücke, die Stunden, die ich unterwegs bin, die Kilometer, die ich zurücklege, aber zum anderen hat das Haus auch eine gute Lage, die Ausrichtung ist perfekt, sagt er. Egal, was es nun ist, ich staune. Ich schlafe viel, ich schlafe durch, und das ist bei mir ja eher selten der Fall. Und jetzt verschwindet die Kathedrale langsam im Nebel. Sie haben Gewitter angekündigt, es grummelt schon den ganzen Morgen. Aber ich habe Schirm, und einigermaßen ausgeruht bin ich auch. Andiamo.

 

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