ist selbst in der Dunkelheit noch jede Menge los. Das sind die Neujahrsspaziergänger, von denen einige sogar ins Wasser steigen. Es muss kalt sein, denn manchmal höre ich ein Juchzen oder helle Schreie. Mir ist sehr warm, ich bedaure, kein Handtuch dabei zu haben. Später sitze ich noch eine Weile an der Rehwiese, auch meinem Baum statte ich einen Besuch ab. In der Küche gibt es immer noch Reste vom gestrigen Menü. Meine Mitbewohner haben sich ordentlich ins Zeug gelegt, wie ich heute Mittag beim Probieren festgestellt habe, es war alles sehr, sehr lecker. Am besten hat mir der Nudelsalat der Thailänderin gefallen. Ich esse die letzte, leider sehr kleine Portion gleich vor Ort im Stehen.

Und dann gehe ich hinauf in meine Kammer zu dem dicken Buch, das ich seit drei Jahren – seit meine Mannheimer Freundin es mir zum Geburtstag geschenkt hat – immer wieder in Etappen lese. „Wie ich einmal ohne Dich leben soll, mag ich mir nicht vorstellen“ Hannah Arendts Briefwechsel mit verschiedenen Freundinnen. Mal lese ich die Einführungen, dann wieder in den verschiedenen Briefteilen. Und weil ich manchmal große Pausen mache, fange ich auch immer mal wieder von vorne an. Im Dezember 1949 schrieb sie ihrer sehr kranken Freundin Hilde Fränkel aus Deutschland: „Die Vergangenheit erscheint mir hier manchmal wie etwas ganz Komprimiertes, als hätte ich es in der Hand und könnte es nun, nach Belieben, wegwerfen oder in die Tasche stecken.“ Obwohl ich schon eine Seite weiter bin, komme ich immer wieder zu diesem Satz zurück.

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