Wach um 3. Nachdem ich mich erfolglos hin und her gewälzt habe, muss das Bett verlassen werden. Mit schmerzenden Beinen und Füßen – es gibt gerade kaum eine Stelle im Körper, die mich nicht ärgert, die Ohrläppchen vielleicht – die Treppe herunter. Ein schmaler Lichtschein dringt aus dem Zimmer vom Hausmann. Im Gegensatz zu mir ist er nicht schon wieder, sondern immer noch wach. Oder er schläft mal wieder am Schreibtisch, auch möglich. Ich überlege kurz, ob ich klopfe, entscheide mich aber dagegen. Aber ich könnte, wenn ich Beistand bräuchte. Das ist gut zu wissen. Für den Notfall.

In diesen Wolfsstunden fühle ich mich, als würde ich auf die Kollision mit Melancholia warten. Ich weiß, es passiert, aber ich weiß nicht, wann. Und ich habe noch nicht die richtige Einstellung zum Geschehen gefunden.

Es ist erst ein paar Tage her, dass ich den Film von Lars von Trier gesehen habe. Absicht war es nicht, aber ich war beim Zappen auf diese Zeitlupensequenz gestoßen, die mich verwirrte, zum Bleiben bewog, obwohl sie scheinbar ewig dauerte, und dann hat mich der Film quasi eingesaugt. Am Ende war ich so durcheinander wie lange nicht. Das Bild der beiden Schwestern, die sich an der Hand halten und versuchen, dem Kind die Angst zu nehmen, werde ich so schnell nicht vergessen. Und Claire weint die ganze Zeit. Dabei war sie immer die stärkere. Jetzt am Ende ist sie es nicht mehr. Was einen nicht wundert. Ihre Schwester hatte ja immer mit Depressionen gekämpft, da ist so ein Weltuntergang kein Drama. Vielleicht kommt er sogar gelegen.

Mit dem Hausmann habe ich in der Nachbesprechung zum Film entschieden – er kannte ihn schon, hatte sich aber noch einmal die letzte Dreiviertelstunde angesehen -, dass wir uns für den Fall der Fälle mit einer guten Flasche Wein nach draußen setzen, um das Spektakel zu beobachten. Sollten wir zufällig beim Weltuntergang am selben Ort sein. Und dann tschüss.  

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