Vergnügt sitze ich in der S-Bahn. Stöpsel im Ohr. James Blunt, den hatte ich doch gelöscht, nun jammert er mir etwas vor. Egal, ich habe gute Laune und eigentlich passt ja, was er singt. She (and he too) could see from my face that I was flying high, fucking high. Mit mir sind ganze Familien unterwegs, die das Fest bis jetzt ohne Blessuren überstanden haben, jedenfalls wirken sie nicht so, als hätten sie sich verkracht. Man kommt von irgendwoher und möchte irgendwohin. Die meisten werden wie ich endlich nach Hause wollen. Es ist spät, die Bahn beinahe pünktlich, so viel Glück an einem Feiertag, das ist kaum auszuhalten.

Gestern habe ich nach der Arbeit mal wieder 45 Minuten gewartet, den größten Teil davon auf dem eisigen Bahnhof Karow, meine Laune hatte sich den Temperaturen angeglichen, minus acht. Gott sei Dank sind mir noch die leckeren Macadamia-Nüsse in Schokolade eingefallen, die mir meine junge Kollegin geschenkt hat.

Bei meinen Eltern hat es dann eine Weile gedauert, bis ich wieder aufgetaut war. Da musste erst die Gänsekeule verspeist, ein Glas Rotwein getrunken und das eine oder andere Marzipankartöffelchen genascht werden. Marianne und Michael haben die anschließende Verdauung nicht gerade erleichtert, aber meine Mutter liebt diese Sendung, und ich konnte eine Weile schön vor mich hin schweigen.

Am Stand heute eine eigenartige Stimmung. Obwohl viele Menschen unterwegs waren, wollten nur wenige etwas kaufen. Schauen und aufwärmen, so lautete die Devise. Aber mit denen, die dann doch bei uns stehen blieben, wurde es richtig nett. Ein Mann, dem ich keinen Beleg für seine Kartenzahlung geben konnte, das Gerät funktionierte nicht so, wie es sollte, versicherte mir, dass man sich auf ihn verlassen könne. Sollte er feststellen, dass der Betrag nicht abgebucht werde, würde er sich melden. Er sei schließlich Pfarrer.

Mit zwei Frauen, die ich für Freundinnen hielt, sie wollten zweimal dasselbe Armband, Mutter und Tochter, wie sich heraus stellte, alberte ich herum, der junge Mann am Stand nebenan reparierte das Kartenlesegerät, und eine halbe Stunde vor Feierabend war Schluss mit Kräutertee, im Café nebenan haben sie einen ein ganz passablen Merlot.

Endlich Nikolassee. Auf den Wegen liegt frischer Schnee, der Frost kneift trotz Stirnband in den Ohren, und der Gedanke, dass ich in ein leeres Haus komme, dass niemand auf mich wartet, nicht mal eine Katze, der beunruhigt mich nicht. Ich schau in die Fenster, die so festlich erleuchtet sind, Menschen an großen Tischen, sie essen immer noch, es wird geplaudert, wie gut, dass sie hier draußen auf Jalousien verzichten, in anderen Häusern flackern riesige Flachbildschirme, und ich könnte vor lauter Glück was tun?

Ein wenig hopsen vielleicht, und dann bin ich auch schon da, der schmale Gang bis zur Haustür verweht, Menschen waren hier wohl länger nicht, dafür die Katze von der Nachbarin, und das ist ja auch eine Freude.

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