Obwohl K. krank ist, schickt sie mir ein Gedicht. Sie hat sich diesen blöden Magen-Darm-Virus eingefangen, der gerade im Umlauf ist. Gestern Abend, als wir aus der Disco heim fuhren, ging es los. Nachdem wir unser sportliches Ziel ganz (mir reicht eine halbe Stunde intensiver Bewegung, erst recht in warmen Stiefeln und Pullover, unter erschwerten Bedingungen also) bzw. ansatzweise (K. tanzt sonst mindestens eine Stunde) erfüllt hatten.

Rilke also. Die Botschaft ist einfach. Ich soll durchhalten. Soll das tun, was sich richtig anfühlt. Dran bleiben, auch wenn es schwierig ist. Es wandelt uns auch das, was wir nicht erreichen. Stimmt. Es macht schlaflose Nächte, verführt zu planlosem Aktionismus, Panik. Die Angst vor Altersarmut und einer Hartz IV-Karriere. Da kann ich schon mal ein paar andere Dinge aus den Augen verlieren. Die Tatsache, dass eine Schreiberin vor allem eines tut. Schreiben.

Meine Freundinnen machen sich Sorgen um mein Wohlergehen. Wenn sie nichts von mir lesen, keine Mails, nichts auf der Webseite, sei das kein gutes Zeichen, bemerkte D. am Sonntag. Wie gut sie mich doch kennt. Meist hakt es auf mehreren Ebenen gleichzeitig und ein wenig Aufmunterung kann nicht schaden. Zeilen wie diese zum Beispiel: Lass die Angst fallen. Unterhalte das Kind in dir. Umarme Bäume. Schreibe Liebesbriefe. Lebe.

Joseph Beuys war ein kluger Mann. Und ich muss manchmal an ein paar wichtige Dinge erinnert werden. Danke nach Gießen also. Ich würde noch hinzu fügen, schau dir alte Gesichter an. Wie das von Jeanne Moreau, das man in der Ausstellung von Peter Lindberg im C/O Berlin sehen kann. Jeder Zentimeter zeugt von einem intensiven gelebten Leben. Dazu der herausfordernde Blick. Da duckt sich keine. Warum auch?

Wir müssen uns nicht schämen, wenn wir Falten haben, wenn wir nicht glatt und austauschbar sind, wie es in der Werbung so gern vermittelt wird. Sei stolz darauf, wenn du jünger aussiehst. Tu alles dafür. Mann oder Frau. Jünger aussehend. Sucht. So steht es in den Partnerbörsen. Schließlich will man nicht mit jemanden zusammen sein, der alt aussieht. Reicht ja schon, wenn er alt ist. Gerade wir Frauen haben da Ängste.

Himmelarschundzwirn. Ich sage es mal mit Peter Lindbergs Worten: „Der Grund, warum Gesichter so faszinieren, hat damit zu tun, dass man, je mehr man das Dahinter erahnt, um so milder mit den Menschen umzugehen lernt.“ Mit mir muss man auch milde umgehen. Manchmal.

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