Es ist an der Zeit, das mönchische Dasein zu unterbrechen. Auch wenn es sehr angenehm ist, sich mit dem Rad nur ein paar Meter fort zubewegen, schon sitzt man bei der Freundin am Mittagstisch, oder es kommt einem eine liebe Freundin ins Haus geflattert oder auch nur ein freundlicher Mensch, der nach einem Zimmer in einer WG Ausschau hält. Von Embryonen und zu transkribierenden Vorträgen will ich lieber nicht reden, also meine Liebe, hinaus mit dir in die Welt. Da kann die Erdbeerbowle im Kühlfach so lange vor sich hin kühlen, bis sie blau ist.
Die S-Bahn droht mit erschwerten Beförderungsbedingungen, gerade an diesem Wochenende wird mal wieder überall gebaut, aber nach Babelsberg komme ich ohne Probleme. Das Thalia ist immer noch eines meiner Lieblingskinos.

Beginners. Eine wahre Geschichte (warum sagen die eigentlich immer, dass es eine „wahre Geschichte“ ist, dadurch wird sie doch auch nicht besser, ich würde das sein lassen) über eine beginnende Liebe und einen Mann, Ewan McGregor, der Beziehungen bisher immer beendet hat. Nach dem Tod seines Vaters, Christopher Plummer ganz wunderbar in seiner kranken Gebrechlichkeit, der sich mit 75 als schwul geoutet hatte, versucht er einen neuen Weg. Da bleiben. Etwas dafür tun, dass es gehen könnte. Nicht ganz selbstverständlich. Aber bei dieser bezaubernden Französin wäre er doch wirklich ein Idiot.

Seit „Ghostwriter“ mag ich Ewan McGregor noch viel lieber, etwas ist an seinem Gesicht, das mich fasziniert und berührt, sonst macht er nämlich gar nicht viel. Als man ihn ganz ernsthaft sagen lässt, es sei erstaunlich, dass er sich mit 38 tatsächlich noch einmal verliebt hat, wer hätte das in diesem Alter schon gedacht, da musste ich natürlich lachen. Lieber junger Mann, hätte ich ihm gern zugerufen, ich kenne Liebesgeschichten im wirklichen Leben, da passiert es den Protagonisten mit 66. Und ich bin mir sicher, auch ich werde mich in den nächsten dreißig Jahren (auf ein paar Jahre mehr oder weniger kommt es nicht an) noch das eine oder andere Mal verlieben.

Ein netter Hund spielt übrigens auch noch mit, ab und zu stellt er intelligente Fragen. Sind wir jetzt verheiratet? Vielleicht sollte ich doch noch einmal über das Thema Hund und WG nachdenken.

Doch dann denke ich beim Warten auf die doofe S-Bahn doch lieber darüber nach, was denn nun wichtig ist im Leben. Eine Frage, die mich schließlich seit Jahrzehnten beschäftigt. Heute würde ich u. a. sagen, man muss sich selbst lieben. Nicht auf eine narzisstische Art und Weise, eher so, dass man sich selbst und seine Bedürfnisse mindestens so ernst nimmt wie die der anderen. Wenn ich mir zum Beispiel vorstelle, dass da jemand sein ganzes Leben lang seine sexuelle Orientierung verleugnet hat, wie Christopher Plummer es in diesem Film getan hat, dann scheint mir das nicht gerade ein Akt der Selbstliebe zu sein.

Aber meine Generation hat vielleicht auch nur gut reden, es gab eine sexuelle Revolution, wir sind freier und aufgeklärter als die Generation unserer Eltern. Was andererseits auch ein Trugschluss sein kann, denn wenn ich mir ansehe, zu welchem Verhalten das geführt hat, wie junge Frauen sich immer noch unter dem Deckmantel dieser so genannten Freiheit von Männern oder geschäftstüchtigen Frauen vermarkten und denunzieren lassen, dann ist das eigentlich kein Fortschritt. Zu diesem Thema gibt es gerade ein paar interessante Artikel in der ZEIT.

Über die Rehwiese, wo heute kein Nachtigall trillert, nach Hause. Im kleinen dunklen Wäldchen wird mir plötzlich komisch. Von oben ein Hubschrauber, und dann raschelt es doch links von mir, oder nicht? Ich habe nicht mal eine Taschenlampe. Meine Schritte werden etwas schneller, warum habe ich nicht das Rad genommen, doch dann war das wahrscheinlich nur ein Tier, wer sollte da auch stehen und rascheln, und ich liege glücklich und entspannt in meinem Bett, in den Blättern vor meinem Fenster rauscht der Wind, und das ist das letzte, woran ich mich erinnere.

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