Sechs Stunden am Stück geschlafen, das gab es selten in den letzten Tagen, wo ich entweder wie ein Huhn am Grill mich im Bett drehte oder lange Texte schrieb, mir auf alle Fälle nicht das vergönnt war, was man gemeinhin unter Nachtruhe versteht. Der Geist noch nicht wach. Der Körper läuft herum, raus auf die Wiese, die noch nass ist, die Füße gleich kalt, aber da warten schon dicke Socken, den Espressokocher auf den Herd stellen, das erledigt der Autopilot. Mit Laptop, den neulich jemand als Schosskreisel bezeichnet hat, zurück ins Bett.

Auf dem Fensterbrett zehn rote Rosen, nebenan an singt der Redner my heart is your heart, your heart is my heart, und dann heule ich endlich richtig. Am Freitag stand plötzlich jener Mann im Laden, den ich an seine Dicke erinnere, was ja ein Kompliment sein sollte, er grinste ein wenig verlegen, hast ja neulich Geburtstach jehabt, sechsundfuffzich biste jeworden, hab ick nich vajessen, jut siehste aus, und dann hat er mir die Rosen in die Hand gedrückt. Und ich habe mir in den Augen herum gewischt.

Als die Freundin gestern auf ihrem Fest aus ihrem Buch las, musste ich auch wischen. Dabei habe ich den Text doch selber schon mehr als einmal gelesen. Von losen Blättern, auf dem Laptop, und seit ein paar Tagen lese ich noch einmal in dem „richtigen“ Buch. Und trotzdem komme ich immer wieder an Stellen, die mich berühren, als läse – oder wie gestern Abend – als hörte ich sie zum ersten Mal. Manchmal muss ich sie dann anrufen und ihr sagen, wie stolz ich bin, obwohl es vielleicht albern ist, oder auch nicht, vielleicht kann man einfach stolz sein, wenn die Freundin ein gutes Buch geschrieben hat und ein Verlag das endlich auch so gesehen hat, und wenn es einen berührt, und außerdem war ich ja dabei, als sie es schrieb, und überhaupt ist es egal, ich bin eben stolz und freu mich.

Nebenan klingt er jetzt wie Rudi Schuricke, falls den noch jemand kennt, bellabellabellamarie. Und da ist es dann vorbei mit den Tränen.

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