Von einer Freundin kam eine Mail mit dem Hinweis auf ein Forum, das sich Kriegsenkel nennt. Dort haben sich Leute versammelt – sie haben auch einen Verein – der sich um die Folgen der Kriegszeit für die Enkelgeneration kümmert. Eine Journalistin – Merle Hilbk – hat in der TAZ dazu einen interessanten Artikel geschrieben. „Das schönste Dorf der Welt“. Sehr lesenswert übrigens. Nicht nur für Enkel.

Meine erste Reaktion auf die Mail der Freundin war jedoch: Jetzt nicht auch noch das. Jetzt springt sie auch noch auf diesen Zug. Jetzt ist sie auch noch ein Kriegsenkel und hat deswegen ein Trauma. Sie hatte nämlich etwas von den Spätfolgen geschrieben, u. a. ginge es um das nicht vorhandene Gefühl der Zugehörigkeit, mit dem ich ja gut bekannt bin. Deswegen hatte sie bei diesem Artikel eben an mich gedacht.

Aber dann habe ich doch alles gelesen, bin auch auf die Webseite gegangen, und was soll ich sagen? Ich saß hier 2 Stunden an meinem Schreibtisch und habe geweint. Die Tränen flossen, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Gleichzeitig wunderte ich mich. Denn in meinem Text bin ich gerade an der Stelle, wo mir meine Tante von ihrer Kindheit und Jugend in Polen erzählt, von der Familie, ihrer Liebe zu diesem Halbjuden, von der Mutter, die damit zum Schupo Bauer gegangen ist usw. usw. Ist das nun ein Beweis für C. G. Jungs Synchronizitäten?
Auf alle Fälle habe ich mich auf Facebook mit diesem Forum vernetzt und werde vielleicht sogar zu einem Treffen der Kriegsenkel gehen. Weil sie nämlich auch die These vertreten, dass wir uns einander unsere Geschichten erzählen sollen. Was dann eine weitere Synchronizität wäre, weil ich ja ebenfalls denke, dass wir uns unsere Wunden – und auch unsere Stärken – zeigen müssen, damit wir einander verstehen. Dies wäre dann wieder ganz im Sinne von Theodore Zeldin.

Und noch etwas: Seit einiger Zeit denke ich, dass die in der Brigitte extra für mich das Horoskop schreiben. Weil das so auf mich passt, das ist unheimlich. Vor ein paar Wochen konnte ich da z. B. lesen, dass es bei mir gerade um Ablöseprozesse ginge, die mir nicht immer leicht fielen. Sagt das Horoskop. Nicht ich. Jetzt schreiben sie: „Ein guter Anfang ist, die eigene Geschichte zu beleuchten, manche Episoden werden sie jetzt anders bewerten, das setzt Kräfte frei. Experimentieren sie. Ein Buch, ein Hinweis, eine Bemerkung – es wird eine Initialzündung geben.“

Bitte zünden sie!

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