Der Mann drängelt. Er möchte meinen Text ausdrucken, ich könnte in der Zeit das Exposé schreiben. Ich hasse Exposés. Vor allem, wenn ich sie für einen eigenen Text schreiben soll. Was will ich denn erzählen? Wie ist der Plot? Mit welchem Thema setze ich mich auseinander? Plötzlich kommt mir meine Geschichte uninteressant vor, die Bewerbung kann ich mir doch schenken, weil ich sowieso nie einen Preis gewinne, ich könnte ewig so weiter nörgeln.

Vielleicht liegt es an den Kopfschmerzen. Ich habe gestern Abend ein Glas zu viel getrunken. Verschiedene Sorten Rotwein vertrage ich nicht. Zu spät ins Bett gegangen bin ich auch. Die Woche war überhaupt zu kurz. Essen mit englischen Freunden im Café Stresemann, den Film „Liebesleben“ im Kino angesehen, Treffen mit einem andern Freund. Jetzt sitze ich hier mit meinem dicken Kopf und überlege, ob die Zeit rennt oder ob ich renne und ob es mit dem Alter zu tun hat, dass ich mich nach mehr Ruhe sehne.
Aber Ruhe ist mir auch heute nicht gegönnt. Ich soll nicht nur das Exposé schreiben, ich soll mich auch fertig machen, damit wir nach Leutersdorf fahren können, wo ein Auto steht, das uns gefällt und das wir vielleicht kaufen werden. Also machen wir den kleinen Ausflug, dafür habe ich mir heute schließlich Urlaub genommen. Auf der Fahrt könnte ich auch noch einmal über den Film nachdenken und der Frage nachgehen, warum er mich so zwiespältig entlassen hat.

Junge Frau und alter Mann, das ist ein Thema, das mir sowieso auf die Nerven geht. Meist schreiben sich Männer ihre Fantasien von der Seele, hier ist eine Frau die Autorin, da bin ich eigentlich großzügiger. Verstehen kann ich trotzdem nicht, was diese wunderschöne junge Frau an dem alten Knacker findet, der sie wie ein lästiges Insekt behandelt. Der Film hat es mir auch nicht erklären können. Warum so viele alte Männer dieses Buch gelobt haben, verstehe ich allerdings gut. Es ist ja nicht nur gut geschrieben, es birgt auch ein Versprechen. Wahrscheinlich hoffen sie alle, dass eines schönen Tages auch ihnen so ein schönes blutjunges Ding verfällt. Und wenn es ihnen nicht verfällt, dass sie wenigstens davon profitieren, wenn ein anderer alter Mann in der glücklichen Situation ist.

Ach, ihr jungen Frauen. Ihr hättet dabei sein sollen, als ich mit meinen zwei englischen Freunden um Worte gerungen habe. Ich wollte das Wort „prickelnd“ erklären, das wir auf einem Bieruntersetzer gesehen hatten. Irgendwann waren wir bei Nicolas Cage angelangt, in dessen Gegenwart ich höchstwahrscheinlich ein Prickeln spüren würde. Nicolas Cage. Das ist doch der Neffe von…warte mal….der Name fällt mir gleich ein….also dieser italienische Regisseur…wie heißt der denn bloß….ja, und Herr Cage ist auch der Cousin von dieser Regisseurin, die diesen berühmten Film gemacht hat….weißt du, dieser Film, in dem der Schauspieler mitgespielt hat, den ich in dem Film, mein Gott, der Name fällt mir jetzt auch nicht ein….aber die bezaubernde Hauptdarstellerin….du magst sie doch auch….weißt du, die Geschichte mit dem Maler und dem Mädchen……

Eine halbe Stunde und viele Filme und Schauspieler später hatten wir es dann endlich. Bei den Gesuchten handelte es sich um Francis Ford und Sofia Coppola, um Bill Murray und Scarlet Johansen. Ob junge Frauen eine derartige Konversation wohl witzig fänden? Nicht eher tragisch? Gestern kam eine Mail von dem englischen Freund. Das richtige Wort für mein Empfinden, sollte ich zufällig Herrn Cage begegnen, ist tingle. Mal sehen, wie lange ich mir das merken kann.

2 Kommentare

  1. Bine Braun
    geschrieben am 30. November 2007 um 14:29 Uhr| Permalink

    Also Frieda, ich würde ja gerne behaupten, noch nie auf diese Seite hier (oder bitte blog!) hingewiesen worden zu sein, aber nach der Lektüre deines Textes, na ja, bin ich mir auch nicht mehr so sicher. Hab´ich´s einfach nur vergessen …?
    Ja, vielleicht hörst du auch mal was von mir…
    BB

  2. MH
    geschrieben am 7. Dezember 2007 um 21:10 Uhr| Permalink

    Frieda,
    fast hätte ich Deine Spur verloren. Kein Wunder, wenn Du dauernd unterwegs bist. Mit dem Mann Stiefel und Autos kaufen. Oder durch die Kneipen tinglest.
    Also ich interpretiere Dein Kopfweh mal so, daß der Ablauf Essen mit Freunden – Kino („Liebesleben“) -Rotwein mit H. nicht dem Rotwein vorgeworfen werden kann. Rotwein verteidige ich bis aufs Messer, der ist an und für sich gut. Aber wenn einem so ein (für Regisseure, Kritiker und alte Männer offensichtlich verführerischer) Edelkitsch nach einem guten Essen serviert wird, kann das auch der beste Rotwein nicht runterspülen. Der (Rotwein) muß sich dann eben einen neuen Platz suchen, und das könnte im Kopf sein, wo freilich das Exposé auch rumhängt, und dann wirds eben eng.
    Mein Rat: Reihenfolge umstellen, ein eigenes Exposé für ein anderes „Liebesleben“ beim Essen verwirklichen, den Rotwein integrieren, und dann Filme über alte Männer wie Bill Murray und Woody Allen mit der zauberhaften Scarlett nochmal und nochmal ansehen…

Einen Kommentar schreiben

Ihre Daten werden niemals an Andere weiter gegeben.
Die Email-Adresse wird nicht angezeigt. Notwendige Felder sind so markiert: *

*
*