Herr W. hatte die Idee, hoch lebe er und lang. Bei einem Wetter wie dem aktuellen, wo man mittags nicht wissen kann, ob es abends regnet oder schneit, da bleiben wir gleich auf der sicheren Seite und gehen  zur WM-Übertragung ins Kino. Das Thalia in Babelsberg – eigentlich das Hauskino, aber seit ich die Yorck-Karte habe, da sehe ich doch größtenteils fremd – muss es heute sein. Sie zeigen das Spiel Deutschland gegen Brasilien tatsächlich im Saal 1, dem größten also.

Vielleicht haben viele Menschen diese Idee, man kennt das ja vom morphogenetischen Feld, deswegen sind wir eine Stunde eher da. Der nette Mann hatte am Telefon zwar gesagt, sie würden den Saal erst um 21.30 Uhr öffnen, aber man weiß ja nie. Doch dann sind wir die ersten, und das bedeutet, dass wir auch die schönsten Plätze aussuchen können, als wir eine Viertelstunde eher als vorgesehen eingelassen werden.

Passt das überhaupt zusammen? Aperol Spritz und Nachos mit scharfer Salsa? Pascht au würde Jogi vielleicht sagen. Und Herr W. würde innerlich und äußerlich zusammen zucken. Dieser Mann ist so feinfühlig gegenüber Dialekten.

Es ist eine Freude. Die Leinwand übertrifft all meine Erwartungen. Ich kann sogar sehen, welcher Spieler am Ball ist. Am Laptop erfahre ich das entweder vom Kommentator oder wenn es eine Großaufnahme gibt. Und dafür muss man nicht einmal Eintritt bezahlen.Und die Potsdamer Stange, die wir für das erste Tor vor unseren Füßen stehen hatten, die ist wirklich lecker. Und Bier pascht au viel besser zum Fußball.

Der Mann rechts neben mir gibt sich verhalten. Ab und zu klatscht er mal mit, aber mehr ist von ihm nicht zu hören. Wir dagegen sind wie die meisten anderen laut, wir reißen die Arme hoch, klatschen, brummen, singen (ich singe, so ein Tag, so wunderschön), und kommen bald aus dem Staunen nicht mehr heraus. War das jetzt die Wiederholung oder tatsächlich das zweite von Kroos?

Herr W. ist perplex, mit so viel Glück (ja, ja, im Verein mit Können) für unsere Mannschaft hatte er nicht gerechnet, in einem solchen Fall wird er wortkarg. Ich weiß nicht, ob ich die Brasilianer bedauern soll oder ob ich mich vielleicht doch eher freue, weil sie vorher die Klappe so aufgerissen haben. Auf alle Fälle simse ich nach France, dass es in der 25. Minute 5 zu 0 für unsere Mannschaft steht und dass ich gleich in Ohnmacht falle vor Aufregung. Die sollen ruhig auch mal ein bisschen hyperventilieren da auf ihrem Hügel.

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