Ohne die nordische Freundin wäre ich wohl nicht darauf gestoßen. Sie hat mir „Machandel“ von Regina Scheer zum Geburtstag geschenkt. „Ist ja auch ein Stück DDR-Geschichte. Ist ja auch unsere, oder?“ Stimmt. Und nicht nur das. Ein Buch, das glücklich und süchtig macht.  Ich wollte mal wieder nicht, dass es aufhört. Diese Themen sind  für mich immer noch interessant und keineswegs olle Kamellen. Nazizeit. Mitläufer. Täter. Russische Zwangsarbeiter. Kriegsgefangene. Alte Kommunisten. Flucht und Vertreibung. Der Beginn der Opposition, das Ende der DDR.  Das kommt in diesem Buch alles vor. 

Es gibt mehrere Ich-Erzähler – eine ehemalige russische Zwangsarbeiterin, einen DDR-Oppositionellen, der später in den Westen abgeschoben wird, einen alten Kommunisten, der sein Mäntelchen nach dem Wind gehangen hat – aber am meisten erzählt wohl Clara. Sie ist mit ihrem Bruder Jan 1985 kurz vor dessen Ausreise in den Westen von Ost-Berlin in das kleine mecklenburgische Dorf Machandel gekommen, wo Jan seine ersten Lebensjahre verbracht hat. Clara verliebt sich in einen alten Katen, es gelingt ihr und ihrem Mann, ihn zu kaufen, und von da ab verbringt sie mit den Kindern viel Zeit in dem Dorf. Während sie über den Machandelbaum forscht, geht nicht nur die DDR ihrem Ende entgegen, sie erfährt auch immer mehr über das Dorf und seine Bewohner.

Am Ende gibt es noch einen Ausflug nach Brasilien, den hätte sich die Autorin von mir aus sparen können, aber insgesamt habe ich mit roten Ohren gesessen, manchmal auch gelegen, und ich verstehe nicht so richtig, warum ich vorher noch nichts von diesem Buch gelesen oder gehört habe. Das kann mit dem „Turm“ doch durchaus mithalten. Mit „Kruso“. Das ist auch keine Wende-Geschichte, das sind Lebens-Geschichten, wie es sie immer noch gibt und immer wieder geben wird. So etwas muss man nicht, aber man kann es immer wieder neu lesen.

Einen Kommentar schreiben

Ihre Daten werden niemals an Andere weiter gegeben.
Die Email-Adresse wird nicht angezeigt. Notwendige Felder sind so markiert: *

*
*