In der Astor-Lounge das Geschenk für den Redner besorgen. Dann rüber zum Delphie. Der Mopedfahrer zwar ohne Moped, dafür ist er mit dem Rad aus Buckow gekommen. Kerl eben. „Der Staat gegen Fritz Bauer“. Den Film wollen wir uns seit Wochen ansehen, immer kam etwas dazwischen. Jetzt also. Warum habe ich eigentlich Burghart Klaußner früher nicht beachtet? Warum ist er mir erst in „Alter und Schönheit“ in besonderer Weise aufgefallen? In der Rolle des Fritz Bauer beeindruckend. Er macht sich diese Figur zu eigen, mit einem Gesicht, in das man eigentlich nicht viel hinein interpretieren kann, das aber andererseits alles ausdrückt. Wie stellt er das an?

Anschließend sitzen wir bei Snack und Wein im Quasimodo und reden uns die Köpfe heiß. Überlegen, was das für ein Land war, diese Bundesrepublik Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre, in dem niemand daran interessiert war, die ehemaligen Nazi-Schergen zur Verantwortung zu ziehen. Einen Verbrecher wie Adolf Eichmann wollten die wenigsten vor Gericht stellen. Kein Wunder, in den einflussreichen Positionen saßen noch immer oder schon wieder die alten Nazis.  Allerdings ist es nicht so einfach mit der Einteilung von gut und böse. Israel wollte gerade Waffen von Deutschland kaufen, da wurde eben ein wenig gekungelt. So wie sie das immer und überall tun.

Wir sind uns sicher, dass es heute nicht anders ist. Wir wollen nicht noch mehr Flüchtlinge in Deutschland, da muss man bei den „kleinen“ Menschenrechtsverletzungen der Türkei eben ein Auge zudrücken. Von den Waffenverkäufen Deutschlands, die all die Kriege, die wir später bejammern, erst möglich machen, gar nicht zu reden.

Gott sei Dank gibt es trotzdem immer mutige Menschen wie eben Fritz Bauer. Den man auch mit seiner Homosexualität nicht einschüchtern konnte.  Zwei miteinander Unzucht treibende Männer wurden damals ja noch wie Verbrecher behandelt. Endgültig abgeschafft wurde der Paragraph 175 erst 1994. Das ist auch so ein Ding. Und wir halten uns für ein modernes aufgeklärtes Land? Man sollte auf alle Fälle die Schulen verpflichten, Filme wie diesen ihren Schülern zu zeigen.  Dabei wird Chantal zwar nicht heulen, aber muss sie ja auch nicht.

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