Die Tür soll einen Spalt weit offen bleiben, deswegen ist es im Wartebereich kühl. Dafür serviert die junge Frau vom Empfang gleich einen Kaffee. Ihr Gang aufrecht, das Lächeln freundlich, sie wirkt enorm kompetent. Ich warte auf den Chef. Und überlege noch einmal, ob diese Fortbildung wirklich eine gute Idee ist. Manchmal bedauere ich meine Entscheidungen nämlich nach einer Weile. Weil ich sie oft aus dem Bauch heraus fälle. Andererseits wollte ich auch schon einige Male meine spontanen Entscheidungen ebenso spontan wieder rückgängig machen, und nach ein paar Wochen war ich dann froh, es nicht getan zu haben. Manchmal muss ich nämlich Geduld haben. Mit mir vor allem.

Auch der Chef wirkt dann kompetent. Natürlich. Trotzdem will er weder Dokumente noch irgendwelche Zertifikate von mir sehen. Wichtig ist einzig meine Bereitschaft. Und natürlich die Übernahme der Kosten durch das Jobcenter. Die Fortbildung findet hier in diesen Räumen statt, es gibt eine Teeküche, Bildschirmarbeitsplätze, alles frisch, angenehm, und ab mittags widmet sich der Fortzubildende dem Selbststudium. Es werden Fälle recherchiert, Gesetzesauslegungen, was auch immer. Unter anderem werden uns Anwälte für Asylrecht unterrichten, und sogar Übungen in Gewaltfreier Kommunikation wird es geben. Das könnte ich eigentlich auch unterrichten, ich habe vor etlichen Jahren eine Fortbildung bei Marshall Rosenberg gemacht.

Klingt aber eigentlich alles  ganz gut. Und ein paar Stunden in der Praxis werde ich auch noch arbeiten können. Das würde dem Jobcenter nämlich sehr gefallen. Und was wird ein Flüchtlingshelfer dann verdienen? Weiß er das auch schon? Der Chef sieht ein wenig bekümmert aus. Das hatte ich mir fast gedacht. 900 bis 1200 Euro Netto. Für einen Vollzeitjob. Bevor ich schlechte Laune bekomme, denn natürlich sollen die wichtigen Sachen immer für möglichst wenig Geld erledigt werden, das scheint in diesem Land ein abgekartetes Ding zu sein, lasse ich mir noch ein paar Flyer geben, auch einen Stundenplan bekomme ich. Und dann wünschen wir uns beide, dass auch das Jobcenter sich kooperativ zeigt. Om.

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