Die Sonne scheint in Schüben, und ich habe schon wieder Möbel gerückt. Der Tisch steht wieder an der alten Stelle, das Sofa näher beim Sekretär, dafür sitze ich nun an dem kleinen Balkontisch direkt vor dem Fenster. Das ist die Lösung für heute. Der andere Tisch ist zu hoch, da schlafen mir beim Schreiben die Hände ein. Das geht auch nicht. Alle paar Minuten stehe ich auf, koche mir einen Tee, gieße eine Pflanze, mache ein paar Übungen, telefoniere. Die große Unruhe ist ausgebrochen. Ich bin unzufrieden.

Der Körper ärgert mich, die Schmerzen gehen einfach nicht fort, was soll ich denn bitte noch tun? Noch mehr laufen? Noch mehr Übungen? Andere Übungen? Krankheiten sind nichts für ungeduldige Menschen wie mich. Außerdem suche ich nach einer Lösung für das Problem. Als müsste ich mich jetzt sofort entscheiden, wie ich die 13 Jahre bis zur Rente rumbringen will. Da fängt es schon an, ich will sie eben nicht irgendwie rumbringen, ich möchte zur Abwechslung mal etwas Sinnvolles tun. Möchte nicht länger unter diesem sinnlosen Druck arbeiten, der nirgendwohin führt. In dieser Beziehung spricht der Körper eine eindeutige Sprache. Wenn er mir jetzt noch sagen würde, was ich tun soll. Vielleicht sagt er es, und ich höre ihm nur nicht zu. Oder wir sprechen nicht dieselbe Sprache.

In allen Phantasiereisen, die ich in den letzten Jahren unternommen habe, sogar in der kurzen Übung, die wir im Krankenhaus vor dem Malen gemacht haben, sah ich mich irgendwann in einem Haus am Meer. Oder an einem See. Zuvor war ich über Wiesen und Felder gegangen. Wie kann jemand, der so wie ich die Natur liebt, in der Stadt glücklich sein?

Den Winter über geht es. Unser Kiez ist einer der schönsten in ganz Berlin, das finde ich nach wie vor. Die vielen Bäume in der Straße, die Spree um die Ecke, der Tiergarten, es ist alles da, was man zum Laufen braucht. Trotzdem kriege ich einen Rappel, wenn die Sonne scheint und es wärmer wird. Dann will ich raus. Jedes Jahr das gleiche Spiel.

Vielleicht sind es aber auch die Gene, vielleicht hat mir die Urgroßmutter, die angeblich Zigeunerin war, diesen Drang vererbt. Kaum sitze ich im Auto, will ich schon wegfahren. Das Ankommen ist mir gar nicht so wichtig, ich könnte monatelang nur unterwegs sein. Fast könnte ich die Wolken am Himmel beneiden, die frei und stolz dahin ziehen. Ein paar sehe ich von meinem Platz. Sonst ist da eine Menge Grau in unserem Hinterhof.

Die Birke trägt ihr Winterkleid. Da ist noch nichts von Frühlingsgefühlen zu spüren. Ich habe für das neue Buch einen neuen Anfang geschrieben. Den 124. So etwas mache ich ja auch gern. Weil ich mich nicht nur nicht entscheiden kann, wie es mit mir weitergehen soll, ich finde auch den richtigen Anfang für meine Geschichte nicht. Da ich das erste Mal autobiografisch schreibe, habe ich in der neuen Version meine derzeitige Situation als Ausgangspunkt genommen. Der Mittelteil ist fertig, nun kann ich selber gespannt sein, wie es weitergeht mit mir. Doch bevor ich mir weitere Gedanken mache, werde ich eine Runde laufen.

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