Die Freundin schreibt in ihrer Mail von ihrer  –  teilweise krankheitsbedingten – Langsamkeit, die sie noch nicht so richtig akzeptieren kann. Früher war ihr Gang forsch, elastisch, und nun. Ich kenne dieses Gefühl, mit einem Zustand im Clinch zu liegen, auch wenn es bei mir andere Zustände sind, versuche trotzdem, sie zu trösten. Weil wir alle ja solche Erfahrungen machen. Wenn wir älter werden. Oder gar richtig alt. Wir verlieren das gute Gehör, den Geruch, sehen schlechter, vergessen schneller, was auch immer. Damit müssen wir umgehen.

Und Langsamkeit an sich ist doch eher ein Geschenk. Weil wir nur, wenn wir langsam sind, wirklich sehen, wirklich hören und spüren. Aber dafür haben wir oft keine Zeit, weil wir durch unser Leben hetzen, als würden wir verfolgt. Wir sehen nicht die Blume, die es zwischen den Steinen hervor geschafft hat, nicht das müde Gesicht der Nachbarin, die Qual des Partners, der Mitbewohnerin, nichts eben. Weil alles schnell gehen muss. Manchmal bin ich so in meinem Film, „ich muss zum Hund“, „ich muss in die Praxis“, „ich muss zu dieser Verabredung, mit der S-Bahn wird es knapp“, da gibt es nur den Tunnelblick.  Doch wenn ich Glück habe, oder mir meine Hetzerei bewusst wird und ich innehalte, dann wache ich auf, in der S-Bahn, auf der Straße, und plötzlich fällt mir auf, dass die Sonne scheint. Bilde mir ein, Frühling zu riechen. Das geht nur mit einer Reduzierung des Tempos. Am besten noch im Muße-Modus. Aber wem sage ich das eigentlich. Mir. Immer wieder mir.

Einen Kommentar schreiben

Ihre Daten werden niemals an Andere weiter gegeben.
Die Email-Adresse wird nicht angezeigt. Notwendige Felder sind so markiert: *

*
*