Es will mir einfach nicht einfallen. Ich habe schon mit K. hin und her überlegt, was genau Sir Simon über das Scheitern gesagt hat. Übrigens ein wunderbarer Film, in dem man nicht nur einen Eindruck davon bekommt, welch unterschiedliche Menschen sich hinter dem Gesamtkunstwerk Berliner Philharmoniker verbergen oder was es mit der Suche nach dem Einklang auf sich hat. Eine nette Szene, als eine Musikerin erzählt, dass ihre Familie sie schon gefragt hat, warum sie eigentlich so viel übt, wenn man sie doch gar nicht heraus hört.

Das ist sicherlich ein Teil des Könnens dieser Menschen, dass jeder für sich zwar ein erstklassiger Musiker ist, dass er aber nicht als Individuum auffallen darf sondern sich dem Gesamtklang unterzuordnen hat. Obwohl ich kaum Ahnung von klassischer Musik habe, bilde ich mir ein, durch diesen Film – meinetwegen auch nur in diesem Film – ein anderes Hörerlebnis als sonst gehabt zu haben. Vielleicht ist es wie in der bildenden Kunst, wo sich ein Kunstwerk erst durch das Wissen um Zusammenhänge, stilbildende Einflüsse, Werdegang des Künstlers, seine Epoche etc. erschließt. Bei mir ist das jedenfalls so, deswegen lasse ich mir solche Dinge gern in einer Führung erklären.

Dieser Film hat mir etwas über Musik erzählt, vor allem aber über die Menschen, die für diese Musik leben. Besonders bewegt haben mich die Geständnisse einiger Musiker, dass sie als Kinder oder als junge Menschen anders waren als die anderen, dass sie unter diesem Anders sein auch gelitten haben, dass jedoch die Musik, auch die Arbeit in diesem Orchester, sie dafür mehr als entschädigt.
Und dann Sir Simon. Wie der sich der Musik hingibt, wie er mit ihr flirtet, lauscht, sie betrachtet, auf einzelne Töne wartet, ich habe mir vorgestellt, dass er genau so aussieht, wenn er einem geliebten Menschen nahe ist. Sehr intim war das, deswegen fühlte ich mich auch ein wenig wie eine Voyeurin. Ohne schlechtes Gewissen allerdings.
Keine Frage, dass Sir Simon auch wieder viele kluge Sätze von sich gegeben hat. Wahrscheinlich kann dieser Mann nicht anders, der macht den Mund auf, die Sätze purzeln heraus, man kann sie einzeln aufheben und sich über den Schreibtisch hängen. Wenn man sich denn erinnert. Das mit dem Scheitern hätte ich mir sofort aufschreiben müssen. Es ging darum, dass Menschen, die suchen, auch immer wieder scheitern (ob sie zwangsläufig scheitern müssen oder ob das Scheitern zum Suchen dazu gehört, das ist hier die Frage bzw. die mangelhafte Erinnerung) und dass diesen Menschen sein Mitgefühl (oder seine Zuneigung?) gehört.
Allein für solche Sätze lohnt es sich, ins Kino zu gehen. Und immer weiter zu machen mit dem, was einem so am Herzen liegt. Deswegen wechsle ich jetzt das Programm und schreibe weiter an meinem Text. Nein, ich lese mir vor, was ich gestern geschrieben habe. Und dabei lausche ich dem Klang, dem Rhythmus. Und wenn ich nicht verliebt bin, dann ist es Murks.


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