Der große Saal im Filmmuseum fast leer. Aber der Film WESTERN läuft ja auch schon seit Wochen. 6 Euro Eintritt, das erscheint mir fair. Werbung gibt es keine. Natürlich auch kein Popcorn. Wunderbar. Eine klare Sache also. Hinsetzen, schauen, sich einlassen, wieder hinaus. Ich fühlte mich gestern immer wieder etwas beklommen, wartete darauf, dass sich Unausgesprochenes entlädt. Dabei gab es durchaus komische Szenen, ich habe einige Male laut gelacht.

Von Valeska Grisebach weiß ich, dass sie mit Laien arbeitet. Den Vorarbeiter Vincent hat sie angeblich in Berlin auf einer Baustelle der U-Bahn entdeckt, Meinhard Neumann, der auch im Film Meinhard heißt, auf einem Pferdemarkt in der Oberlausitz. Die Dialoge wie in einer Dokumentation, aber die Regisseurin hat sie mit den Darstellern zusammen in einem vierjährigen Prozess erarbeitet, so las ich es in einem Artikel.

Meinhard für mich der interessanteste Charakter in diesem Film. Ich kann ihn mir gut in einem Saloon vorstellen, wie er dort über seinem Whiskyglas meditiert. Männer diesen Typs verunsichern andere Männer mit ihrer stillen, beobachtenden, gleichzeitig aber bestimmenden Art, Frauen finden diese Männer oft anziehend, weil sie sich zurücknehmen, vielleicht auch, weil sie etwas Geheimnisvolles umgibt.

Wenn in dieser kargen beeindruckenden Bergwelt,  in der das Wasser immer knapp ist, deutsche Bauarbeiter und bulgarische Dorfbewohner aufeinandertreffen, ist da eigentlich alles drin, was den echten Western einst spannend machte. Auf der einen Seite die Arbeiter, die badende Frauen belästigen, auf der anderen Seite das Dorf mit seinen eigenen Sitten.Und dann eben Meinhard. Der anders ist als seine Kollegen. Der eher zuschaut und zuhört, dabei aber trotzdem der praktische Typ ist. Einer von der Sorte „der-kann-alles“. Er hält sich immer etwas abseits von der Truppe, und er ist auch der Einzige, der echten Kontakt zu den Leuten aus dem Dorf sucht.

Aber dieser Mann sucht sowieso etwas. Aber was? Doch eine Heimat? Will auch er irgendwo dazugehören? War er tatsächlich Legionär, oder erzählt er das nur, um Eindruck zu machen? Und warum legt er plötzlich das Gewehr an? Was will er damit beweisen? Wahre Freundschaft? Und warum interessiert er sich ausgerechnet für jene junge Frau, die auch der Vorarbeiter gerne näher kennenlernen würde? Ist das tatsächlich Zuneigung? Oder eher eine Form von Rache? Am Ende auf dem Dorffest scheint es, als wäre das mit den Dorffreundschaften doch nicht so, wie er sich das vorgestellt oder gewünscht hatte. Wird er gehen? Bleiben? Erstmal tanzt er, und das hat mich natürlich gleich an den Film SEHNSUCHT erinnert. Ich gebe Herrn W. auf alle Fälle recht, ein kleines Meisterwerk, an das ich bestimmt noch eine Weile denken werde.

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