Ab und zu Flocken. Griesel. Im Hals kratzt es, die Nase ist verstopft. In der Nacht eigenartige Erlebnisse. Ich bewege mich auf den schmalen Wegen durch die Kleingartenkolonie, in der ich aufgewachsen bin. Am Garten rechts entlang, zwei Lauben weiter wohnt Armin, er ist ein paar Jahre älter als ich, vorbei an dem verwahrlosten Grundstück mit den Resten einer Laube, dann gleich wieder rechts, und dann noch einmal. Wie oft ich hier schon gegangen bin.

Ich fühle mich eigenartig. Da ist etwas, ich weiß nicht, was. Vorbei am Garten der Sommerfreundin, wie kahl es dort ist, auch bei Gohdes sieht es trostlos aus.  So wie es  im Winter eben aussieht, wenn die meisten Laubenbesitzer in ihren Stadtwohnungen sind, wenn nur aus den Lauben der wenigen Dauerbewohner ab und zu etwas Rauch aufsteigt. Sonst deutet nicht viel auf Leben hin. Die Wege und Gärten so deutlich vor meinen Augen, als würde ich tatsächlich dort sein.

Dann bin ich an unserer Laube. In der Veranda ist es eisig, aber das ist kein Wunder, es gibt keinen Ofen, wir benutzen sie nur im Sommer. Da ist auch das schmale Regal, im untersten Fach bewahre ich die alten Kalender auf, die meine Mutter mir manchmal schenkt. Auch ein paar Bücher liegen dort, ein oder zwei Spiele, viel mehr besitze ich nicht. Wo sind die Puppen? Ich kann sie nicht sehen.

In der Ecke der Gartenstuhl aus Holz, das Rot längst verblichen. Im Sommer legt meine Großmutter die Bettwäsche unter das Kissen. So muss sie nicht gebügelt werden, wir sitzen sie einfach platt. Ich öffne die Tür zur Küche. Gleich rechts eine Art Unterschrank, wie klein hier alles ist, geradezu winzig. Aber in einer Laube, die kaum zwanzig Quadratmeter aufweisen kann, müssen die Möbel klein sein. Jedenfalls denkt mein heutiges Ich so über die Sachlage. Ich sehe den emaillierten Brotkasten mit dem großen rostigen Fleck auf dem Deckel, daneben drei Eimer Wasser. Alle paar Tage tauen wir die eingefrorene Pumpe mit heißem Wasser wieder auf, füllen die Eimer neu. Dieser Vorrat  reicht dann wieder einige Zeit für uns drei.

Plötzlich sitze ich im Bett. Warum sehe ich das? Eine Art Lebensrückblick? Muss ich jetzt sterben? Unangenehm sind meine Empfindungen eigentlich nicht, aber ich habe noch nie mit einer solchen Klarheit in die Vergangenheit geschaut. Sogar den samtigen Stoff der Decke, die im Winter vor dem Küchenfenster hängt, kann ich unter meinen Fingern spüren.

Vielleicht werde ich gerufen. Ich weiß zwar nicht wozu, aber etwas drängt mich, die alten Wege noch einmal zu gehen, mich einzulassen auf diese merkwürdige Winterstimmung. Und dann schlafe ich wieder ein.

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