Der Syrer bringt immer eine gehörige Portion Leben mit. Ich habe noch nicht herausgefunden, ob es mit seiner Größe, mit seinem schnellen Reden, seinem Lachen zu tun hat. Wahrscheinlich eine Kombination von allem. Immer kommt mir die Küche voller vor als sonst. Denn natürlich standen auch gestern da alle erstmal herum, palaverten, scherzten, bevor wir uns zum Essen setzten. Dann dauerte es noch eine Weile, bevor alle verstanden hatten, wie es bei ihm weitergeht. Weitergehen könnte. Denn er schätzt es, mehrere Optionen zu haben.

Nach den drei Semestern in Potsdam könnte er irgendwo in Brandenburg als Lehrer eingesetzt werden, für 1300 Euro, aber er könnte auch als Programmierer arbeiten, an der entsprechenden Fortbildung nimmt er gerade teil. Den Master will er natürlich auch noch machen. Das Ganze musste dann für die Thailänderin noch ins Englische übersetzt werden, sie versteht zwar eine Menge, aber der Syrer redet so schnell, das ist selbst für eine Muttersprachlerin nicht immer leicht zu verstehen. Am Ende hatten aber alle ungefähr denselben Wissensstand.

Und ich dachte nach zwei Stunden mal wieder, das ist sie also, die große Familie, von der ich als Mädchen geträumt habe. Nicht immer bequem, mal geht mir das Setting ziemlich auf die Nerven, die Statisten (Kinder, Großväter, Tanten) wechseln auch ständig, habe ich nicht erst vor kurzem das Abschiedsessen für den Chinesen gemacht? Sauerkraut mit Bratwurst und Kartoffelbrei? Hatte er sich gewünscht. Und weil dem Redner – der lebte damals noch, es muss also doch schon eine Weile her sein –  die Würstchen zu fett erschienen, hatte er sich einen Leberkäse in die Pfanne gehauen. Der Scherzkeks.

Wahrscheinlich werden es diese Momente sein, an die ich mich erinnere, wenn ich richtig alt bin. Momente von Helligkeit, Wärme und Nähe. Wie kleine kostbare Perlen werden sie in meiner Erinnerung aufblitzen. So hätte ich es jedenfalls gern, falls hier jemand von ganz oben mitliest.

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