fast waagerecht vor sich her. Die Bäume neigen ihre Wipfel. Heute Nacht habe ich nach den gelben Säcken geschaut, die wir gestern zu denen der Nachbarn an den Baum gestellt haben. Plötzlich hatte ich Sorge, die könnten hier durch die Gegend fliegen. Taten sie aber nicht. Es war ungefähr drei, ich hatte noch nicht geschlafen. Hatte alle gelernten Gedichte mehrmals aufgesagt, hatte noch einmal über das kluge, auch witzige, mich überaus beglückende Buch „Herkunft“ von Saša Stanišić nachgedacht.

Von dort ist es natürlich nicht weit bis zum Jugoslawien-Konflikt, von dem ich viel zu wenig weiß, wie ich in den letzten Monaten immer mal wieder betont habe, meist als Argument dafür, dass ich diese Aufregung um den Nobel-Preis für Handke nicht verstehe. Ja mein Gott, seine Liebe zu Serbien, da hat er sich vielleicht verrannt, aber erstens weiß ich viel zu wenig darüber, und zweitens sind das zwei verschiedene Paar Schuh.

In einem Interview sagt Saša Stanišić in etwa, dass ein Autor zwar eine Art Kurator der Wirklichkeit sei, es ihm aber trotzdem nicht gestattet wäre, die Wahrheit zu verfälschen. Kurator also, habe ich erstmal ein wenig mürrisch gedacht. Aber egal. Es gibt ja heute für alles Kuratoren, warum nicht auch für die Wirklichkeit. Ich halte es durchaus für möglich, dass auch unsere Wirklichkeit gerade kuratiert wird. 

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