hatte fast eine Stunde Verspätung. Immer wieder lief mir unter der Maske der Schweiß über das Gesicht. Gott sei Dank saß niemand neben mir, das hätte mir den Rest gegeben. Mit Wartezeiten war ich acht Stunden unterwegs. Aber wann wird man schon mal nach Sylt eingeladen. Das passiert ja eher selten bis gar nicht. Die Freunde stehen entspannt am Ende des Bahnsteigs. Sie haben einen langen Spaziergang am Meer hinter sich und immer noch gute Laune. Meine Freundin sieht aus wie eine von den Schönen und Reichen, die man hier ja an jeder Stelle findet. Klassisch maritim.

Später sitzen wir auf dem Balkon in der Abendsonne. Er macht ein Nickerchen, wir erzählen vertraut. Ich berichte von meinem großen Erstaunen über zwei junge Frauen, die noch in Berlin eine halbe Stunde in meiner Nähe saßen. Beide Mitte 30. Jede hat ein Haus, einen Mann, zwei Kinder. Sie mögen keine Bäume auf dem Grundstück, die Laub abwerfen könnten. Die guten Möbel werden angeschafft, wenn die Kinder keine Kratzer, keine Dellen mehr machen können. Dekoriert wird gern, aber nicht so üppig. Die Kinder halt. Der Supergau für beide wäre eine Beschädigung des Esstisches. Ich habe mich vierzig Jahre jünger gefühlt.

„Siehste.“ Sagt meine Freundin. Wir hatten zuvor darüber geredet, dass wir eine Revolution befürworten würden, dass es aber keine geben wird, weil die Menschen mit Brot und Spielen bei Laune gehalten werden. Ist doch alles so schön bunt hier. Hier auf Sylt sowieso. Aber die Insel kann nichts dafür, dass sie den Reichen gehört. Sie ist eben schön. Das habe ich schon vor Jahren gesehen, als ich hier gewandert bin. Damals immer hungrig, weil ich ja zum Fasten da war. Also, fasten werde ich diesmal nicht. So viel ist klar.

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